Politik

Etappensieg für Raucher Plädoyer für Gesundheit

Das Bundesverfassungsgericht hat das Rauchverbot in kleinen Kneipen gekippt. In Berlin und Baden-Württemberg darf in solchen Gaststätten ab sofort wieder geraucht werden. Die Karlsruher Richter erklärten die Gesetze zum Nichtraucherschutz in den beiden Bundesländern für verfassungswidrig. Das Karlsruher Gericht gab damit den Beschwerden zweier Kneipenwirte aus Berlin und Tübingen sowie eines Diskothekenbetreibers aus Heilbronn statt.

Viele andere Länder mit vergleichbaren Regelungen wie Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen wollen jetzt nachziehen.

Bis zum Erlass von Neuregelungen bis Ende 2009 sind vom Rauchverbot Trinkkneipen mit weniger als 75 Quadratmetern und nur einem Raum ausgenommen, sofern Jugendliche keinen Zutritt haben.

Striktes Rauchverbot machbar

Nach den Worten der Karlsruher Richter wäre allerdings ein striktes Rauchverbot in allen Lokalen mit dem Grundgesetz vereinbar. "Denn der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren – wozu der Gesetzgeber auch das Passivrauchen zählen darf – ist ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut", sagte Präsident Hans-Jürgen Papier bei der Urteilsverkündung. Er verwies auf Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums, wonach jährlich 3300 Nichtraucher an den Folgen des Passivrauchens sterben.

Appell für ein striktes Rauchverbot

Die Drogenbeauftragte des Bundes, Sabine Bätzing, appellierte an die Länder, nun strikte Rauchverbote zu erlassen. "Es ist ein Urteil für den Nichtraucherschutz und gegen Ausnahmeregelungen", sagte sie in Karlsruhe. Das Gericht habe deutlich betont, dass ein absolutes Rauchverbot der richtige Weg wäre, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Nun gelte es, die bestehenden Ausnahmen aus den Landesgesetzen zu streichen.

Urteil mit Modellcharakter

Formal gilt das Urteil nur für Baden-Württemberg und Berlin. Allerdings sehen die meisten anderen Landesgesetze ebenfalls Ausnahmen lediglich für größere Lokale mit mehreren Räumen vor.

Nach den Worten des Gerichts hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten. Wenn er sich nicht für einen strengen Nichtraucherschutz ohne Ausnahmen entscheide, müsse sein Konzept "folgerichtig" und "gleichheitsgerecht" ausgestaltet sein. "Für die sogenannten Eckkneipen bedeutet dies, dass für sie nur die Freistellung vom Rauchverbot in Betracht kommt", sagte Papier. Denn ihre Raumsituation erlaube typischerweise keine separaten Raucherzimmer.

Neuer Anlauf wird kommen

Baden-Württembergs Arbeits- und Sozialministerin Monika Stolz (CDU) stellte eine neue Diskussion über den Nichtraucherschutz in Aussicht. Bei n-tv sagte Stolz: "Als Gesundheitspolitikerin wünsche ich mir ein klares, eindeutiges, generelles Rauchverbot. So verstehe ich auch das Urteil der Karlsruher Richter. Auch sie befanden, dass der Gesundheitsschutz so wichtig ist, dass er eine klare Regelung erlaubt." Stolz gibt zudem zu Bedenken, dass ein generelles Rauchverbot in Gaststätten viel Bürokratie, Kontrollen und weitere Diskussionen vermeiden würde. "Wir sollten so schnell wie möglich unsere Hausaufgaben machen, damit Klarheit herrscht."

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Carola Reimann, unterstützte bei n-tv die Argumentation Stolz'. "Das Gericht hat sich in seinem Urteil sehr stark auf die Gesundheitsgefahren bezogen. Die Richter stellten klar, dass der Nichtraucherschutz konsequenter gehandhabt werden kann."

Im Schatten der Wahl geht nichts

Bärbel Höhn, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, glaubt indes, dass sich in Sachen Nichtraucherschutzgesetz so schnell nichts mehr ändern wird. Bei n-tv sagte Höhn: "Wahrscheinlich wird sich jetzt niemand mehr der Sache beherzt annehmen." Schließlich stünden verschiedene Landtagswahlen vor der Tür und die Länder werden sich das Thema auch gar nicht gerne aus der Hand nehmen lassen. "Die Bundesregierung hat den großen Fehler gemacht, das Thema Nichtraucherschutz den Ländern zu überlassen. Deshalb fehlt jetzt eine klare und einheitliche Regelung."

Quelle: ntv.de

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