Politik

Keiner denkt an Putsch "Plan B" macht die Runde

In der CSU-Spitze gibt es laut "Süddeutscher Zeitung" ernsthafte Bestrebungen, Edmund Stoiber noch vor der Sommerpause zur Aufgabe seiner Ämter zu bewegen. Einen schnellen Putsch gegen den Ministerpräsidenten und CSU-Chef schlossen führende CSU-Politiker aber aus, berichtet die Zeitung. Das würde die Partei zerreißen, hieß es. Nach Informationen der "SZ" habe sich nach der Eskalation der vergangenen Tage in der CSU-Spitze die Haltung verfestigt, dass Stoiber an der Spitze von Regierung und Partei nicht mehr zu halten sei. Übereinstimmung solle aber darüber herrschen, dass ein Wechsel nur im Einverständnis mit Stoiber denkbar sei.

Am Abend traf Stoibers erstmals mit der Auslöserin der Krise, der Fürther CSU-Landrätin Gabriele Pauli, zusammen. Allerdings sagte Pauli bei ihrem Eintreffen, der Neujahrsempfang sei für eine Aussprache nicht die richtige Gelegenheit. "Die Sache ist zu ernst", um sie mal eben nebenbei zu erledigen. Bei dem Empfang gehe es vor allem darum, "sich ein gutes neues Jahr zu wünschen, Gesund und Kraft für alles was kommt".

Die eigentliche Aussprache ist erst für Donnerstag kommender Woche geplant. Derweil beunruhigt der CSU-Streit auch den Berliner Koalitionspartner SPD.

Keine weitere Amtszeit erwünscht

Bei n-tv bezog der CSU-Landtagsabgeordnete Sebastian Freiherr von Rotenhan mit eindeutigen Worten Stellung gegen Stoiber: "Sie wollen jetzt von mir hören, dass ich noch mal sage, die Festung Stoiber müsse sturmreif geschossen werden. Nun, das ist ein Bild, und das klingt ausgesprochen martialisch. Man könnte das natürlich auch etwas friedvoller ausdrücken. Aber das Ergebnis, auf das wir abzielen, ist ja immer das gleiche", sagte von Rotenhan.

"Wenn jetzt hier Ergebenheitsadressen losgelassen werden, dann ist da ja nur ein Zeichen der Schwäche des Ministerpräsidenten. Denn wenn er stark wäre, bräuchte er diese Ergebenheitsadressen nicht", führte von Rotenhan weiter aus und fügte hinzu: "Ich bin auch der festen Überzeugung, dass Stoiber das irgendwann kapieren wird. Denn die Diskussion, die jetzt angestoßen ist, die kann erst dann enden, wenn Stoiber sagt, er tritt nicht mehr an."

Der dem Landtags-Innenausschuss vorsitzende CSU-Abgeordnete Jakob Kreidl - Stoibers einstiger politischer Ziehsohn - sprach sich ebenfalls gegen eine weitere Amtszeit Stoibers aus. "Eine breite Mehrheit ist dafür, dass Stoiber nicht über 2008 hinaus weiter macht", sagte er der Münchner "Abendzeitung". Er werde Stoiber empfehlen, "bei der Wahl 2008 nicht mehr anzutreten", bestätigte er auch einen Bericht des "Miesbacher Merkur". Andere CSU-Abgeordnete äußerten hinter vorgehaltener Hand Zweifel, ob Stoiber überhaupt bis dahin zu halten sei.

Keiner denkt an "Putsch"

Einen Bericht des Münchner Merkur" über einen angeblich geplanten "Putsch" gegen Stoiber hatte zuvor der bayerische Landtagspräsident Alois Glück (CSU) zurückgewiesen. "Das ist Schwachsinn", erklärte Glück. "Es ist weder meine Absicht noch diejenige von Frau Stamm, Edmund Stoiber zu stürzen." Die Zeitung hatte über angebliche Putschpläne Glücks und seiner Stellvertreterin, Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm, berichtet.

nur an "Plan B" und "Plan B Strich"

Allen Appellen zum Trotz machen in Landtagsfraktion und Partei weiter Putschgerüchte gegen Stoiber die Runde. Dabei werden zwei Pläne mit unterschiedlichen personellen Konstellationen genannt - scherzhaft "Plan B" und "Plan B Strich" genannt. Wie 2005 - vor dem Berliner Rückzieher Stoibers - wird als ein Kandidat für die Stoiber-Nachfolge Wirtschaftsminister Erwin Huber genannt. Als zweiter Name wird Innenminister Günther Beckstein genannt, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Wieder ins Gespräch gekommen ist Parteivize Horst Seehofer als möglicher CSU-Chef. In der Fraktion mehren sich die Vermutungen, dass Stoiber nicht zu halten sein wird.

Mehrere Abgeordnete bezweifelten, ob ein Friedensschluss mit Stoiber bei der Klausur Anfang kommender Woche in Kreuth gelingt. "Das gibt vielleicht für 48 Stunden Frieden", sagte ein Parlamentarier, "aber länger wird das wahrscheinlich nicht halten".

Am Donnerstag war der Versuch der CSU-Führung gescheitert, Stoiber bereits auf der Klausur der Landtagsfraktion kommende Woche als Spitzenkandidat für die Wahl im Herbst 2008 zu nominieren. Seine Andeutung, über die volle Legislaturperiode bis 2013 amtieren zu wollen, löste offenen Widerstand gegen eine vorgezogene Nominierung aus. Stoiber ist inzwischen zurückgerudert und hatte gesagt: "Was die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 angeht, stelle ich mich auch dem Votum unseres Parteitags."

Fraktionschef Joachim Herrmann kündigte an, die Klausur zu einer Aufarbeitung der Führungskrise zu nutzen. Die Meinungen der Parteibasis über die politische Zukunft Stoibers gingen "sehr weit auseinander". "Es kann aber keine Frage sein, dass die CSU-Fraktion hinter Edmund Stoiber steht und dass wir das auch in Kreuth deutlich machen." Stoiber will am Dienstag zur Aussprache nach Kreuth kommen. "Es muss offen diskutiert werden", sagte Herrmann.

CDU beunruhigt

Unterdessen zeigt sich auch die Schwesterpartei CDU beunruhigt von der Krise. Vor der Klausurtagung des CDU-Vorstands in Bremen sagte ein ungenanntes Mitglied des Gremiums dem "Münchner Merkur" mit Blick auf die Wahl in Bremen im Mai und in Hamburg, Hessen und Niedersachsen 2008: "Wir brauchen Ruhe vor den Wahlen." Ein anderer Vorständler sagte, die Union habe in Umfragen derzeit zwar einen deutlichen Vorsprung vor der SPD, werde diesen aber nur halten können, "wenn die CSU endlich zur Ruhe kommt".

Negative Folgen für große Koalition

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck warnte die CSU vor negativen Folgen für die große Koalition. "Es ist schon so, dass wir alle einige Sorgen haben. Die große Koalition braucht drei Partner, und die Partner müssen alle verlässlich sein", sagte er.

Daumen senkt sich

Wegen der CSU-Krise, aber auch nach dem Ärger um die Gesundheitsreform, sinkt die Union bereits in der Gunst der Wähler. Im ZDF-"Politbarometer" fielen CDU/CSU um einen Punkt auf 36 Prozent, die SPD stieg im selben Maß auf 32 Prozent. Stoiber selbst stürzte auf seinen schlechtesten Wert seit dem ersten Auftreten im "Politbarometer" 1998: minus 1,5. Immerhin 31 Prozent der Befragten glauben, dass er bei der Landtagswahl 2008 nicht mehr der Spitzenkandidat der CSU sein wird.

Quelle: ntv.de

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