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Nach dem Weltkrieg enteignet Polen blockt Entschädigung von Juden

Trotz aller Kritik aus Israel und den USA hat Polens Präsident Duda das Gesetz unterschrieben.

Trotz aller Kritik aus Israel und den USA hat Polens Präsident Duda das Gesetz unterschrieben.

(Foto: picture alliance/dpa/PAP)

Der Aufschrei in den USA und Israel ist groß: Polens Präsident Duda unterzeichnet ein Gesetz, das Entschädigungen vor allem vieler Juden verjähren lässt. Die wurden nach dem Zweiten Weltkrieg im Kommunismus enteignet. Polens Ministerpräsident schiebt die Schuld auf Deutschland.

Ungeachtet scharfer Kritik aus Israel und den USA hat Polens Präsident Andrzej Duda ein umstrittenes Gesetz gegen die Rückgabe von nach dem Zweiten Weltkrieg konfisziertem Eigentum unterzeichnet. Duda sagte der Nachrichtenagentur PAP, er hoffe, dass das Gesetz eine "Ära des rechtlichen Chaos" beenden werde. Betroffen von dem Gesetz sind in vielen Fällen die Nachfahren jüdischer Holocaust-Opfer, deren Besitz während des Kommunismus in Polen enteignet wurde.

Das Gesetz sieht eine Verjährungsfrist von 30 Jahren für Entschädigungsklagen vor. Eigentümer, deren Besitz in der Nachkriegszeit in Polen konfisziert wurde, können somit keine Ansprüche auf konfisziertes Eigentum mehr geltend machen. Die Regierung in Warschau argumentiert, dass das Gesetz Rechtssicherheit auf dem Immobilienmarkt schaffe. Zudem würden betrügerische Ansprüche verhindert. Duda sprach von "Privatisierungsmafias", die bisher ihr Unwesen getrieben hätten.

US-Außenminister fordert Entschädigungsgesetz in Polen

Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das polnische Parlament hatten US-Außenminister Antony Blinken und sein israelischer Kollege Jair Lapid an Duda appelliert, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Das Gesetz beschädige "sowohl die Erinnerung an den Holocaust als auch die Rechte seiner Opfer", sagte Lapid. "Ich werde weiterhin allen Versuchen entgegentreten." Blinken forderte die Regierung in Warschau zur Verabschiedung eines umfassenden Entschädigungsgesetzes auf, wie es bereits in anderen mittel- und osteuropäischen Staaten existiert. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki von der nationalkonservativen PiS-Partei hatte die Forderungen zurückgewiesen. Polen werde "nicht für die deutschen Verbrechen bezahlen", argumentierte er.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden sechs Millionen Polen ermordet, die Hälfte von ihnen Juden. Nach dem Krieg verstaatlichten die kommunistischen Behörden in Polen ein Großteil von Häusern und Grundstücken, deren Eigentümer von den Nationalsozialisten ermordet oder die aus Europa geflüchtet waren.

Mittlerweile hat Israel auch politisch auf die Unterzeichnung des Gesetzes reagiert. Außenminister Lapid rief den Gesandten der israelischen Botschaft in Warschau zu unbefristeten Beratungen zurück. Zu teilte er mit, "der neue Botschafter, der in Kürze nach Warschau aufbrechen sollte, wird zu diesem Zeitpunkt nicht nach Polen reisen". Das Außenministerium werde zudem empfehlen, dass der polnische Botschafter in Israel in seinem derzeitigen Heimaturlaub bleibe. "Diese Zeit sollte genutzt werden, um den Menschen in Polen die Bedeutung des Holocaust für die Bürger Israels zu erklären", sagte Lapid. Er ergänzte: "Polen hat heute - nicht zum ersten Mal - ein antisemitisches und unethisches Gesetz erlassen".

"Polen profitiert von unrechtmäßig erworbenem Eigentum"

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Der Gesetzestext betrifft zwar jüdische und nicht-jüdische Enteignete gleichermaßen. Kritiker argumentieren jedoch, dass Juden in der Praxis in überproportionaler Weise betroffen sind, weil viele von ihnen unmittelbar nach dem Krieg keine Gelegenheit hatten, ihre Ansprüche geltend zu machen.

"Polen ist selbstverständlich nicht verantwortlich für das, was Deutschland während des Holocaust getan hat", betonte die mit der Restitution des Vermögens von Opfern des NS-Regimes betraute Organisation World Jewish Restitution Organization (WJRO). Allerdings profitiere Polen immer noch "von unrechtmäßig erworbenem Eigentum". Bei der Rückgabe konfiszierten Eigentums gehe es überdies nicht nur um Geld. "Für viele Holocaust-Überlebende und ihre Familien ist ein Haus die letzte physische Verbindung zu dem Leben, die sie einst geführt haben", erklärte die Organisation.

Quelle: ntv.de, als/AFP

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