US-Raketenabwehrpläne Polen meldet Verständigung
02.02.2008, 09:44 UhrDie USA und Polen haben im Tauziehen um den Aufbau einer Raketenabwehr in Mitteleuropa anscheinend einen Durchbruch erzielt. Wie der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski am Freitag (Ortszeit) nach Gesprächen mit seiner Amtskollegin Condoleezza Rice in Washington mitteilte, haben sich die USA grundsätzlich dazu bereiterklärt, Polen bei der Modernisierung seiner Luftverteidigung zu helfen. Eine solche Unterstützung ist eine der Warschauer Hauptbedingungen für die Umsetzung der US-Pläne. Russland warnte unter Verweis auf seine Sicherheitsinteressen am Samstag erneut vor dem US-Abwehrsystem.
"Es gibt überhaupt keinen Grund für die Stationierung einer solchen Anlage", sagte Vizeaußenminister Sergej Kisljak nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Russland befürchtet, dass das US-Abwehrsystem für die militärische Aufklärung auf seinem Territorium genutzt werden könnte. Moskau hatte für den Fall der geplanten Stationierung von zehn Abwehrraketen in Polen mehrfach damit gedroht, mit eigenen Raketen Ziele in Europa ins Visier zu nehmen. Die beste Sicherheitsgarantie sei, sich von den Plänen zu trennen, betonte Kisljak.
Nur ein "Rahmen" für weitere Gespräche
Sikorski sagte, dass bis zu einer konkreten Vereinbarung über den Raketenschild noch viel zu tun sei. Sein Sprecher Piotr Paszkowski stellte der "Washington Post" vom Samstag zufolge klar, dass nunmehr ein "Rahmen" für die Gespräche geschaffen worden sei. Es gebe "definitiv" noch keine Übereinkunft. "Letztendlich werden wir es (die Pläne) der Öffentlichkeit und dem Parlament verkaufen müssen", sagte der Sprecher. Die polnische Regierung könne das überzeugender tun, "wenn die Grundlage ist, dass die polnische Verteidigungsfähigkeit ebenfalls gestärkt worden ist".
Die Regierungen der USA und Polens hatten sich bereits vor über einem Jahr prinzipiell über die Stationierung von zehn weitreichenden Abwehrraketen in dem mitteleuropäischen Land verständigt. Aber die neue Führung in Warschau unter Ministerpräsident Donald Tusk verlangte dann von den USA zusätzliche Zugeständnisse. Insbesondere will es seine Verteidigung durch mehrere Batterien von Patriot- Raketen zum Schutz vor etwaigen Angriffen Russlands oder Weißrusslands stärken - ein Ersuchen, auf das die USA zunächst kühl reagierten. Rice sagte nun bei einem gemeinsamen Auftritt mit Sikorski vor Journalisten, die USA seien "der Modernisierung der polnischen Kräfte sehr verpflichtet".
"In der Mitte der Straße"
Sikorski seinerseits sagte, Polen sei zufrieden, dass seine Argumente Gehör gefunden hätten. Einzelheiten über die US-Hilfe nannten beide nicht. Im März wird der polnische Regierungschef Donald Tusk selbst zu einem Besuch in Washington erwartet. In der kommenden Woche wird Tusk zu Gesprächen nach Moskau fliegen. Bereits eine Woche vor ihm reist der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek in die US-Hauptstadt. Auch bei diesen Gesprächen dürfte die Raketenabwehr im Mittelpunkt stehen: Die USA wollen in Tschechien eine Radaranlage zum Aufspüren etwaiger feindlicher anfliegender Raketen aufstellen.
Sikorski zufolge sollen nun getrennte Gespräche über die Modernisierung und die Raketenabwehr "fortgesetzt" werden. "Wir sind nicht am Ende der Straße, was die Verhandlungen anbelangt - wir sind in der Mitte der Straße", sagte er. Rice sprach von einer "Dynamik" und sagte, die beiden Seiten wollten die Verhandlungen sobald wie möglich fortsetzen.
Quelle: ntv.de