Grenze zu Russland sichernPolen will wieder geächtete Antipersonenminen herstellen

Seit Beginn des umfassenden Krieges gegen die Ukraine wachsen in Polen die Sorgen vor einer Bedrohung durch Russland und Belarus. Aus Sicherheitsgründen sind die Ostgrenzen Polens teilweise geschlossen. Warschau will nun einen drastischen Schritt folgen lassen.
Polen will erstmals seit dem Kalten Krieg wieder Antipersonenminen herstellen und damit seine Grenze zu Belarus und Russland sichern. Es werde auch erwogen, solche Minen an die Ukraine zu liefern, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Pawel Zalewski. Die Minen sollen Teil des Verteidigungsprojekts "Ost-Schild" sein, mit dem die 800 Kilometer lange Ostgrenze Polens befestigt werden soll. Polen hatte im August seinen Austritt aus der Ottawa-Konvention zum weltweiten Verbot von Antipersonenminen eingeleitet.
Herstellen soll die Minen die staatliche polnische Rüstungsfirma Belma. Deren Chef Jaroslaw Zakrzewski sagte, er rechne mit einem Bedarf von fünf bis sechs Millionen Stück. Das Unternehmen könne die Produktion von derzeit etwa 100.000 auf bis zu 1,2 Millionen Minen pro Jahr steigern. Einen offiziellen Auftrag des Ministeriums gebe es aber noch nicht. Minister Zalewski sagte, er würde einen Produktionsbeginn im kommenden Jahr sehr begrüßen. Dem Außenministerium zufolge könnte die Herstellung beginnen, sobald die sechsmonatige Rückzugsfrist aus dem Abkommen am 20. Februar 2026 abgelaufen ist.
Zalewski sagte, die Ukraine sei wichtig, weil die europäische und polnische Sicherheitslinie an der russisch-ukrainischen Front verlaufe. Daher werde eine Lieferung von Minen auch an die Regierung in Kiew erwogen. Polens eigener Bedarf habe aber Vorrang. Sei dieser gedeckt und es könne mehr produziert werden, könne an Verbündete geliefert werden. Belma-Chef Zakrzewski sagte, auch die baltischen Staaten hätten bereits Interesse an Antipersonenminen geäußert.
Hintergrund der polnischen Pläne sind wachsende Sorgen vor einer Bedrohung durch Russland seit dessen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022. Fast alle europäischen Anrainerstaaten Russlands haben angekündigt, die Ottawa-Konvention zu verlassen. Auch Litauen und Finnland wollen im kommenden Jahr mit der Produktion von Antipersonenminen beginnen. Die Ukraine hat ihren Austritt aus dem Abkommen von 1997 angekündigt, um sich besser gegen Russland verteidigen zu können. Russland selbst hat den Vertrag ebenso wie die USA und China nicht unterzeichnet. Polen hatte die Produktion von Antipersonenminen Mitte der 1980er Jahre eingestellt.
Immer Opfer durch Landminen
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Opfer von Landminen deutlich gestiegen: 6279 Menschen wurden 2024 durch Landminen und weitere nach Kriegen und Konflikten übriggebliebene Sprengsätze getötet oder verletzt, wie die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL) am Montag mitteilte. 1945 Menschen wurden demnach durch Landminen oder andere Sprengsätze getötet. Insgesamt habe es 2024 rund 500 Opfer mehr gegeben als im Vorjahr.
Seit 2020 seien nicht mehr so viele Menschen durch Landminen getötet oder verletzt worden, heißt es in dem Jahresbericht der Organisation. 90 Prozent der Opfer seien Zivilistinnen und Zivilisten. Kinder machten fast die Hälfte der zivilen Opfer aus.