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Große Proteste angekündigt Polizei nimmt zahlreiche Demonstranten im Raum Paris fest

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Unter anderem Linke, Gelbwesten-Gruppierungen und Gewerkschaften riefen zum Protest auf.

Unter anderem Linke, Gelbwesten-Gruppierungen und Gewerkschaften riefen zum Protest auf.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Im Zuge der französischen Haushaltskrise rufen zahlreiche Bündnisse zu landesweiten Protestaktionen auf. Die Behörden sind in höchster Alarmbereitschaft. Zehntausende Polizisten sollen für Ordnung sorgen. Schon am Morgen müssen sie eingreifen.

Knapp 200 Menschen sind bei Protestaktionen in Frankreich festgenommen worden. Innenminister Bruno Retailleau sprach von Angriffen auf Polizisten, Sabotageaktionen an Stromkabeln und einem abgebrannten Bus. Es habe etwa 50 Einsätze gegeben, um Blockaden aufzulösen. Die Pariser Polizei teilte mit, dass im Großraum der Hauptstadt 132 Menschen festgenommen wurden. Auf Videos waren Ausschreitungen zu sehen. Medien berichteten von mehreren Straßenblockaden sowie Blockaden an Oberschulen und bei Bus- und Straßenbahndepots.

Das genaue Ausmaß der Proteste ist ungewiss. Auch wer genau hinter dem Aufruf "Bloquons tout" (Lasst uns alles blockieren) steht, ist nicht klar. Die Protestaufforderungen erfolgen dezentral, viele unterschiedliche Seiten wollen ihrem Ärger Luft machen. Unter anderem Linke, Gelbwesten-Gruppierungen und Gewerkschaften wie etwa die der Eisenbahner riefen zum Protest auf.

Die Proteste sind vor allem eine Reaktion auf den Sparhaushalt-Vorschlag des bisherigen Premiers François Bayrou. Am Montag hatte dieser nach nicht einmal neun Monaten im Amt in der Nationalversammlung eine Vertrauensfrage verloren und seine Mitte-Rechts-Minderheitsregierung so zu Fall gebracht.

Die Behörden sind in Alarmbereitschaft: Innenminister Bruno Retailleau kündigte an, 80.000 Polizeikräfte zu mobilisieren und entschieden gegen Blockade-Aktionen durchzugreifen. Der Druck von der Straße dürfte erst mal bleiben: Für den 18. September haben dann die Gewerkschaften zu landesweiten Streiks und Kundgebungen gegen den Sparkurs der Regierung aufgerufen. Inzwischen nehmen die Proteste das Ausmaß eines Generalstreiks an.

Auch Macron in der Schusslinie der Proteste

Unter Druck steht aber auch Staatschef Emmanuel Macron. Die altlinke Partei LFI forderte seinen Rücktritt. Die Rechtsnationalen wollten mit einer Parlamentsauflösung den Weg für Neuwahlen freimachen. Dass Macron schon einen Tag nach der verlorenen Vertrauensfrage von Bayrou einen neuen Premier ernannte, kann auch als Versuch gewertet werden, selbst aus der Schusslinie zu kommen.

Der neue Premierminister und frühere Verteidigungsminister Lecornu ist ein enger Vertrauter - ob das Macron hilft, bleibt abzuwarten. Die ersten Reaktionen der bisherigen Opposition fielen alles andere als positiv aus.

Seit der Parlamentswahl im vergangenen Jahr ist die Nationalversammlung tief gespalten. Macrons Mitte-Leute, Le Pens Rechtsnationale und das linke Lager stehen sich als drei große Blöcke gegenüber. Eine eigene Mehrheit hat keiner von ihnen.

Zeit drängt bei Haushalts-Aufstellung

Lecornu soll nun mit den politischen Kräften in der Nationalversammlung beraten, um den dringend nötigen Haushalt auf die Beine zu stellen, hieß es in der Mitteilung des Élysée-Palastes zu seiner Ernennung. Auch Vereinbarungen für die Entscheidungen der kommenden Monate solle Lecornu treffen, heißt es weiter. Gemeint sein dürfte, dass Lecornu sondiert, welche Parteien Teil einer Koalition sein könnten, wer ihn dulden könnte oder zumindest bei einzelnen Themen bereit wäre, gemeinsame Sache zu machen.

Lecornu wird nachgesagt, einen gewissen Draht zu der rechtsnationalen Führungsfigur Marine Le Pen zu haben. Er wird als Politiker angesehen, der von der bürgerlichen Rechten toleriert wird und dem im linken Lager zumindest keine Komplett-Ablehnung entgegenschlägt.

Lecornu wandte sich noch am Abend seiner Ernennung direkt an die Menschen im Land. Er sagte, er verstehe die Erwartungen und kenne die Schwierigkeiten, und versprach, mit Demut ans Werk zu gehen.

Quelle: ntv.de, raf/dpa

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