Politik

"Massaker" in südafrikanischer Mine Polizei tötet streikende Bergleute

34 Minenarbeiter kamen ums Leben, als die Polizisten auf die Menge feuerten.

34 Minenarbeiter kamen ums Leben, als die Polizisten auf die Menge feuerten.

(Foto: dpa)

Südafrika ist entsetzt über den blutigsten Streik seit dem Ende der Apartheid. Als tausende Arbeiter eines Platin-Bergwerks in den Ausstand treten und mit der Polizei aneinandergeraten, kommt es zu einem Gemetzel, 34 Arbeiter werden getötet. Präsident Zuma reist überstürzt zurück in die Heimat. Nationale Medien sprechen vom "Massaker von Marikana".

Die Polizei verteidigte den Einsatz als Notwehr.

Die Polizei verteidigte den Einsatz als Notwehr.

(Foto: dpa)

Nach den Ausschreitungen vor einer südafrikanischen Platinmine hat Präsident Jacob Zuma eine Untersuchung zu den Umständen des Todes von 34 Arbeitern angekündigt. "Es ist klar, dass etwas Ernstes hinter diesen Ereignissen steht", sagte Zuma am Freitag bei einem Besuch der Mine. Neben den 34 Todesopfern waren bei den Zusammenstößen mit der Polizei 78 Menschen verletzt worden.

Zuma kehrte frühzeitig von einem Besuch in Mosambik zurück, als das Ausmaß des Blutvergießens in der Grube von Marikana klar wurde. "Wir müssen die Wahrheit herausfinden", sagte Zuma zu den gewaltsamen Ausschreitungen, die er "schockierend" nannte. Zumas Reaktion auf den Vorfall könnte für ihn entscheidend für die erneute Bewerbung als Parteichef des regierenden ANC werden.

Nach Polizeiangaben wiesen die streikenden Arbeiter ein Ultimatum des Bergwerkbetreibers zurück, der ihnen im Falle der Fortsetzung des Streiks mit Entlassung drohte. "Die militanten Arbeiter feuerten Schüsse ab und drohten mit gefährlichen Waffen, als sie auf die Polizisten zustürmten", sagte eine Polizistin.

Polizei spricht von "Selbstverteidigung"

Die Minenarbeiter waren mit Knüppel, Speeren und Macheten bewaffnet.

Die Minenarbeiter waren mit Knüppel, Speeren und Macheten bewaffnet.

(Foto: dpa)

Polizeichefin Riah Phiyega sagte, die Polizei habe das Feuer auf die Arbeiter "in legitimer Selbstverteidigung" eröffnet, als diese sie mit Schusswaffen angegriffen hätten. Nationale Medien sprachen vom "Massaker von Marikana" mit den meisten Todesopfern durch Eingreifen der Sicherheitskräfte seit dem Ende der Apartheid.

"Wir sind bestürzt über diese Toten", sagte der Generalsekretär der landesweiten Bergarbeitergewerkschaft NUM, Frans Baleni, im Radio. Die NUM liegt in der Platinmine von Marikana nahe der südwestlich gelegenen Stadt Rustenburg im Streit mit der kleineren Gewerkschaft AMCU, die mit dem illegalen Streik eine Verdreifachung der Löhne erreichen will. Die Polizei nahm 259 Verdächtige fest.

Polizeiminister Nathi Mthethwa sagte, für Streiks, Märsche und Demonstrationen gebe es Gesetze. Illegale Streiks wie dieser führten zu einer "schrecklichen Situation für alle in der Gemeinde". Mthethwa wies darauf hin, dass die Polizei über drei Tage mit den Streikenden verhandelt habe. In dem Konflikt, in dem sich die Anhänger der beiden rivalisierenden Gewerkschaften sowie streikende Arbeiter und die Polizei gegenüberstehen, hatte es bereits Anfang der Woche zehn Tote gegeben.

Streit zweier Gewerkschaften

Hintergrund des Vorfalls ist der Streit zweier rivalisierender Gewerkschaften. Die für eine deutliche Lohnerhöhung streikenden Arbeiter gehören einer neuen Gewerkschaft an, die gegen die Dominanz der mächtigen National Union of Mineworkers opponiert, die eng mit dem regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) verbündet ist. Bereits vor dem tödlichen Einsatz am Donnerstag waren bei Kämpfen zwischen den verfeindeten Arbeiterorganisationen zehn Menschen, darunter zwei Polizisten zu Tode gekommen. Radikale ANC-Gruppierungen kritisieren die Bergbaubranche als "Bastion des weißen Monopolkapitalismus".

Hunderte schwer bewaffnete Polizisten sicherten am Freitag das Zechengelände ab. Zu ihrer Unterstützung waren gepanzerte Fahrzeuge im Einsatz. Hubschrauber kreisten am Himmel. Mitarbeiter der Kriminalpolizei suchten am Tatort nach Beweismitteln und sammelten blutbeschmierte Macheten und Speere ein. Auch Schusswaffen sollen sichergestellt worden sein, was die Angaben von Schüssen auf die Polizisten bestätigen könnte. Die Zeitung "Sowetan" verurteilte das Vorgehen allerdings auf das Schärfste. "Dies ist früher passiert, als das Apartheid-Regime die Schwarzen wie Dinge behandelt hat", schrieb das Blatt auf seiner Titelseite. "Und es setzt sich nun in anderer Gestalt fort."

Platinpreis zieht wieder an

Der in London ansässige Minenbetreiber Lonmin stellte in seinen Platinwerken, die zwölf Prozent zur weltweiten Förderung des Edelmetalls beitragen, die Produktion ein. Der Aktienkurs des Unternehmens fiel um weitere rund zwei Prozent und stürzte seit der Eskalation des Konflikts zeitweise um insgesamt fast 20 Prozent ab. Im Gegenzug zog der Preis für Platin um bis zu 1,5 Prozent auf ein Sechs-Wochen-Hoch von 1456,50 Dollar an. Damit verteuerte sich das unter anderem zur Herstellung von Autokatalysatoren verwendete Metall binnen zwei Tagen um knapp fünf Prozent. 75 Prozent der weltweiten Platinminenproduktion stammt aus Südafrika, wo auch 80 Prozent der bekannten Vorkommen liegen. Wegen gestiegener Energie- und Arbeitskosten sowie des in den vergangenen Monaten gesunkenen Platinpreises kämpfen zahlreiche Zechen ums Überleben.

Lonmin kündigte an, bei der Identifizierung der getöteten Bergleute zu helfen sowie die Angehörigen mit Beratungen zu unterstützen. Das Unternehmen bot zudem an, die Ausbildungskosten der Kinder der Getöteten von der Grundschule bis zur Universität zu übernehmen.

Quelle: ntv.de, rts/AFP

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