Wegen Remigrationsphantasien Potsdam leitet Einreiseverbotsverfahren gegen Sellner ein
04.02.2024, 12:44 Uhr Artikel anhören
Martin Sellner ist der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich. Nun hat der Oberbürgermeister von Potsdam ein Einreiseverbotsverfahren gegen ihn eingeleitet.
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Anfang dieser Woche dokumentiert Martin Sellner einen Einreiseversuch nach Deutschland, um die Gerüchte um ein Einreiseverbot gegen ihn auf die Probe zu stellen - und die Bundespolizei in Passau winkt ihn nach einer Kontrolle durch. Nun leitet die Stadt Potsdam ein Einreiseverbotsverfahren ein.
Die Stadt Potsdam hat nach einer ersten Prüfung ein Einreiseverbotsverfahren gegen den früheren Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, eingeleitet. "Die Landeshauptstadt Potsdam hat am Freitag das rechtsstaatliche Verfahren zum Entzug der Freizügigkeit gegen den österreichischen Staatsbürger Martin Sellner begonnen", teilte ein Sprecher der Stadt mit. Zunächst hatte der "Tagesspiegel" berichtet.
Oberbürgermeister Mike Schubert hatte diesen Schritt nach Angaben der Pressestelle bereits auf einer Kundgebung am Wochenende bekannt gegeben. Nach einer zweiwöchigen Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten sei er nun dazu bereit, "alle rechtsstaatlichen Mittel gegen die Feinde unserer Verfassung einzusetzen", so Schubert laut "Tagesspiegel".
Bei einem vom Recherchezentrum Correctiv öffentlich gemachten Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem auch einige AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten, hatte Sellner nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Sellner als "Gefahr für die Sicherheit und öffentliche Ordnung"?
Die Stadt Potsdam hatte vor Tagen mitgeteilt, dass in Abstimmung mit den deutschen Sicherheitsbehörden beurteilt werden sollte, ob von Sellners Aussagen bei dem Treffen eine Gefahr für die Sicherheit und öffentliche Ordnung ausgehe "und wie Wiederholungen im Rahmen einer örtlichen Zuständigkeit mit rechtsstaatlichen Mitteln zu verhindern sind". Von einem Abwägungsprozess war die Rede, nun folgte der nächste Schritt.
Ende Januar war bekannt geworden, dass die Bundespolizei Sellner verdeckt zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Sollte der 35-Jährige in eine Grenzkontrolle geraten, könnte die Polizei ihm laut einem Bericht des "Spiegel" die Weiterreise verweigern. Grundlage dafür sei eine Gefahrenprognose der Polizei.
Anfang Februar stellte die Bundespolizei in Passau im Gespräch mit der Zeitung "Welt" klar, es bestehe kein Einreiseverbot für Sellner. Sprecher Jürgen Bockstedt sagte: "Ich war am Montagabend (29. Januar, Anm. der Red.) live mit dabei, als die Person an der Grenze ankam. Wir haben Sellner kontrolliert und geprüft, ob durch ihn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht. Das war nicht der Fall, deswegen durfte er einreisen."
Sellner schrieb auf seinem Telegram-Kanal, dass er gegen ein Einreiseverbot nach Deutschland juristisch vorgehen wolle. "Mein Anwalt bekam ein 33-seitiges Dokument, indem versucht wird, mich als Erzhetzer und Umstürzler darzustellen." Damit solle "die gesamte neue patriotische Bewegung von Partei bis Vorfeld kriminalisiert und langfristig verboten werden", schrieb er. Sein Rechtsanwalt, Dubravko Mandic, ist ebenfalls ein Rechtsextremist und ein ehemaliger AfD-Parteifunktionär. Laut dem "Tagesspiegel" scherzte Sellner, er würde sich "im schlimmsten Fall nach einem guten Schlepper umsehen, um nach Deutschland zu kommen".
Quelle: ntv.de, mes/dpa