Terror im Kaukasus Präsident schwer verletzt
22.06.2009, 16:12 UhrAllen Bemühungen Moskaus zum Trotz kommt der Kaukasus nicht zur Ruhe. Nun ist der Präsident der russischen Kaukasusrepublik Inguschetien, Junus-Bek Jewkurow, bei einem Anschlag schwer verletzt worden. Erst vor kurzem waren mehrere ranghohe Politiker der Republik erschossen worden.
Der Sprengsatz mit der Kraft von 70 Kilogramm TNT wurde gezündet, als Jewkurows Wagenkonvoi in der Gebietshauptstadt Nasran vorbeifuhr. Sein Chauffeur wurde nach Angaben der russischen Staatsanwaltschaft dabei getötet. Mehrere seiner Leibwächter wurden verletzt, vorherige Meldungen der Nachrichtenagenturen ITAR-TASS und Interfax, wonach drei Leibwächter starben, bestätigten sich laut der russischen Generalstaatsanwaltschaft nicht.
Jewkurow sei von Bombensplittern getroffen und an der Leber operiert worden, meldete die Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Er habe außerdem Verbrennungen erlitten und sei traumatisiert, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Der 45-Jährige wurde in das Krankenhaus der Stadt Nasran gebracht, wo er sofort operiert und künstlich beatmet werden musste. Er befindet sich nach amtlichen Angaben jedoch "noch nicht" in Lebensgefahr. Zur weiteren Behandlung sollte Jewkurow nach Angaben von Ärzten in ein Moskauer Krankenhaus gebracht werden.
Sicherheitsvorkehrungen verschärft
Russland verschärfte indes die Sicherheitsvorkehrungen in der Region. Der russische Präsident Medwedew sprach von einem "Terrorakt". Jewkurow habe sich um "Ordnung und Frieden" bemüht - "das gefällt den Banditen nicht", sagte Medwedew im russischen Staatsfernsehen. Der Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, bezeichnete den Anschlag als einen "Versuch der Destabilisierung". Die "Banditen" hätten "ihre Zähne gezeigt". Ministerpräsident Wladimir Putin erklärte auf einer Gedenkveranstaltung zum Zweiten Weltkrieg, die Attentäter seien mit den Nazis vergleichbar.
Der frühere Fallschirmjäger Jewkurow war im Oktober von Moskau zum Präsidenten von Inguschetien ernannt worden, nachdem der Kreml seinen Vorgänger Murat Sjasikow abberufen hatte. Jewkurow sollte Sicherheit und Stabilität in die Unruherepublik bringen. Er trat 1982 in die Armee ein und war vor seiner Nominierung zum Präsidenten Vize-Chef der russischen Armee in der Region Ural und Wolga. 1999 stand er an der Spitze der russischen Fallschirmjäger, die vor den NATO-Truppen den internationalen Flughafen im Kosovo besetzten. In seinem Land wurde er als Held gefeiert.
Größter Unruheherd im Süden Russlands
Das Attentat ist ein neuer Rückschlag für die Bemühungen der Regierung in Moskau, den Nordkaukasus fester in den Griff zu bekommen. Die Armut in der Krisenregion gilt als Nährboden für extremistische Gewalt - sie steht zudem im Ruf, Rückzugsort für globale Netze muslimischer Extremisten zu sein. Inguschetien hat mittlerweile Tschetschenien als größten Unruheherd im Süden Russlands überholt.
Die meisten der rund 450.000 Einwohner Inguschetiens sind Muslime. Die Kaukasus-Republik hat enge kulturelle Verbindungen zu Tschetschenien. In den vergangenen Wochen wurden in Inguschetien mehrere Anschläge auf ranghohe Persönlichkeiten verübt. Dabei wurden der frühere Innenminister und langjährige Vize-Ministerpräsident Baschir Auschow und die Vize-Präsidentin des Obersten Gerichthofs, Asa Gasgirejewa, erschossen.
Auch im benachbarten Dagestan hat die Gewalt muslimischer Extremisten in diesem Jahr stark zugenommen. Vor wenigen Wochen erst wurde dort der Innenminister bei einer Hochzeitsfeier erschossen.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP/rts