Berlin hadert mit dem Glauben "Pro Reli" gescheitert
26.04.2009, 19:44 UhrIn Berlin wird Religion weiterhin kein reguläres Schulfach sein – der vor drei Jahren eingeführte Ethikunterricht bleibt Pflicht. Ein Volksentscheid zur Aufwertung des freiwilligen Religionsunterrichts zum Pflichtfach scheiterte klar.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis sprachen sich nur 14,2 Prozent aller Wahlberechtigten oder genau 346.119 Berliner für den Gesetzentwurf der Initiative "Pro Reli" aus. Nötig wären eine Mehrheit bei den Abstimmenden und gleichzeitig mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten (611.422 Ja-Stimmen) gewesen. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 29,2 Prozent.
Von den Berlinern, die an der Abstimmung teilnahmen, stimmten 51,3 Prozent (365.609) gegen die Initiative und nur 48,4 Prozent dafür. Damit war der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zum zweiten Mal bei einem Volksentscheid erfolgreich. Vor fast genau einem Jahr scheiterte die Abstimmung über die Zukunft des Stadtflughafens Tempelhof.
Reli weiter nur zusätzlich
Der klassische Religionsunterricht bleibt damit freiwilliges Zusatzfach. Die Schüler werden auch künftig in der Mittelstufe den Ethik-Unterricht besuchen. Für die Beibehaltung von Ethik als Pflichtfach hatten sich die rot-rote Regierungskoalition sowie die Grünen und unzufriedene Kirchenmitglieder ausgesprochen.
Wowereit sprach von einer Bestätigung für den gemeinsamen Ethikunterricht an den Schulen. Der "Pro Reli"-Vorsitzende Christoph Lehmann räumte die Niederlage ein, sagte aber zugleich: "Wir haben eine ganze Menge in dieser Stadt bewegt." Der Berliner Erzbischof Kardinal Georg Sterzinksy sagte, die Initiative habe "Mut gemacht, weiter zu kämpfen". Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, erklärte: "Die Vernunft hat sich durchgesetzt." Für die Initiative "Pro Reli" hatte sich auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingesetzt.
Kaum Interesse im Osten
Nur in einem der zwölf Berliner Bezirke erreichte der Volksentscheid die nötige Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten: Im bürgerlichen Steglitz-Zehlendorf im Südwesten der Hauptstadt kamen 27,4 Prozent zusammen. Im östlichen Bezirk Marzahn-Hellersdorf beteiligten sich mit 4,9 Prozent der Stimmberechtigten die wenigsten Bürger. 77 Prozent der Teilnehmer stimmten hier mit Nein. In Berlin sind 32 Prozent aller Stimmberechtigten Mitglieder einer der beiden großen Kirchen.
Ethik als Berliner Feldversuch
Der rot-rote Senat unter Leitung Wowereits führte Ethik vor drei Jahren ein, um die Integration von Schulkindern aus Einwandererfamilien - etwa aus der Türkei oder den arabischen Ländern - zu fördern. Kinder aus verschiedenen Kulturen und mit verschiedenen Religionen sollen laut Senat gemeinsam über Werte, Toleranz und Glauben sprechen. Gegen das Pflichtfach Ethik regte sich von Anfang an Widerstand bei der CDU, der FDP und den Kirchen.
Quelle: ntv.de