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Beamte "angemessen" versorgen Professoren soll es besser gehen

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts bei der Urteilsverkündung.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts bei der Urteilsverkündung.

(Foto: dpa)

Hochschullehrer sollen nicht weniger verdienen als Oberstufenlehrer, urteilt das Bundesverfassungsgericht mit einer Mehrheit von 6:1 Stimmen. Bund und Länder müssen nun entweder die Grundgehälter oder die Leistungszulagen anheben. Für die Länder wird es in jedem Fall teurer, Tausende Professoren können dagegen mit mehr Geld rechnen.

Zahlreiche Hochschullehrer in Deutschland erhalten zu wenig Geld. Das geht aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hervor, das der Klage eines jungen Chemieprofessors aus Marburg stattgegeben hat. Die Richter setzten dem Gesetzgeber eine Frist bis Ende des Jahres, um eine verfassungskonforme Regelung zu treffen: Spätestens am 1. Januar 2013 soll das neue Recht in Kraft treten.

Bereits jetzt dürfen Professoren der Besoldungsgruppe W 2 sich auf ein deutlich höheres Grundgehalt oder höhere einklagbare Leistungszulagen freuen. Denn das Urteil betrifft nicht nur Hessen, wo der klagende Professor seit 2005 Beamter ist. Alle Bundesländer müssen das System der Leistungszulagen laut Karlsruhe neu ordnen, falls sie daran festhalten wollen.

Mehr als A 15 für W-2-Professoren

W 3, W 2, W 1

Die Besoldungsordnung W gibt es seit 2005. DieBesoldungsgruppe W 3 umfasstLehrstuhlinhaber, die früher auch "ordentlicher Professor" genanntwurden. Außerordentliche Professoren ohne eigenen Lehrstuhl, die jedoch ebenfallsfest angestellt sind, werden in der Regel nach W 2 bezahlt; früher sprach man, analog zur alten Besoldungsordnung,von "C-3-Professuren". W 1ist die Besoldungsgruppe für Juniorprofessoren, die es in Deutschland erst seitzehn Jahren gibt. Sie sind zwar Beamte, aber nur befristet angestellt.

Die Bundesländer müssen dabei prüfen, ob das Grundgehalt ihrer W-2-Professoren jeweils auf dem Niveau eines jungen Regierungsdirektors oder Studiendirektors der Besoldungsgruppe A 15 liegt. "Studiendirektor" ist die dritte von vier Beförderungsstufen für Oberstufenlehrer.

Nach Angaben des Hochschullehrerbundes erhalten W-2-Professoren nur in Bayern ein höheres Grundgehalt als A-15-Beamte. Unter den bundesweit 27.000 Universitätsprofessoren seien ein Viertel W-2-Professoren, sagte Klägeranwalt Wolfgang Löwer.

Leistung soll sich lohnen

Variable Leistungen

In der W-Besoldung steigt das Gehalt nicht mehr wie früherautomatisch mit dem Dienstalter, sondern sieht stattdessen neben einemGrundgehalt variable Leistungszulagen vor. Diese von Hochschulen frei ausgehandeltenZulagen sollen den Unis eine aktive Personalpolitik beim Werben umSpitzenforscher ermöglichen.

Seit 2005 werden alle neu eingestellten Professoren nach den neuen Besoldungsgruppen bezahlt, die zum Teil deutlich unter den alten Sätzen liegen. Dafür haben die Universitäten die Möglichkeit, je nach Leistung Zulagen zu bezahlen. So sollen fleißige Professoren belohnt und faule motiviert werden. Die Spanne des W-2-Grundgehalts reicht von 49.000 Euro in Berlin bis 55.000 Euro in Baden-Württemberg und 57.000 Euro in Bayern. Hessen liegt mit rund 53.400 Euro im Mittelfeld. (Hier eine Tabelle des Hochschulverbandes.)

Geklagt hatte der Chemiker Bernhard Roling, nachdem das Einstiegsgehalt junger Professoren um 25 Prozent unter das frühere Einkommen abgesenkt wurde. Er selbst wurde kurz nach der Reform zum Professor berufen und verbeamtet - bei einem Grundgehalt von nur noch rund 3900 Euro monatlich sowie einer Leistungszulage von 23,72 Euro.

Lebensunterhalt muss "angemessen" sein

Gemessen an der Verantwortung und dem Dienstrang des Professors sei das deutlich zu wenig, entschieden die Karlsruher Richter, die ihr Urteil mit dem im Grundgesetz garantierten sogenannten Alimentationsprinzip für Beamte begründeten. Demnach sei der Staat verpflichtet, seinen Beamten "einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren".

Konkret bedeutet das, dass Bund und Länder die Grundgehälter entweder anheben müssen oder die Leistungszulagen so ausgestalten, dass sie "alimentativen Mindestanforderungen" genügen. In jedem Fall muss unter dem Strich ein höheres Gehalt stehen. Rückwirken gilt das Urteil nur für den Kläger - er kann mit einer Nachzahlung rechnen.

"Es muss mehr Geld ins System"

Bislang vergaben Unis Leistungszulagen etwa für Veröffentlichungen der Professoren, das Einwerben von Drittmitteln aus der Wirtschaft oder die intensive Betreuung von Doktoranden. "Dies muss sich nun ändern: Wir brauchen wissenschaftsadäquate Kriterien, um die Leistung von Professoren beurteilen zu können", sagte der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Bernhard Kempen, nach der Urteilsverkündung. Und fügte hinzu, es sein "ein guter Tag für die deutsche Wissenschaft".

Dass das Karlsruher Urteil für die Länder teuer werden könnte, bedauerte Kempen nicht: "Es muss deutlich mehr Geld in das System", sagte er. "Wir haben jetzt schon 2,4 und wir werden bald 2,7 Millionen Studierende haben, und das wird auch dauerhaft so bleiben. Ich glaube, dass die Investition in Köpfe eine gute Investition ist."

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle betonte, dass von den sieben Richtern des Zweiten Senats - unter ihnen vier Hochschullehrer - niemand direkt von der Entscheidung profitiere. Richter Michael Gerhardt gab eine abweichende Meinung ab. Nach seiner Auffassung ist die Kombination aus einem "moderaten, aber auskömmlichen Grundgehalt und variablen, leistungsbezogenen Elementen" sachgemäß.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/rts/dpa

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