Politik

Türkischer Ministerpräsident lenkt ein Protestbündnis begrüßt Baustopp

Bringt der Kompromiss tatsächlich eine Ruhepause?

Bringt der Kompromiss tatsächlich eine Ruhepause?

(Foto: REUTERS)

Heftige Proteste entzünden sich an einem Bauprojekt in einem Istanbuler Park. Die Polizei geht brutal gegen die Demonstranten vor. Nun zeigt sich Ministerpräsident Erdogan kompromissbereit. Die Zahl der Todesopfer steigt indes auf fünf.

Nach wochenlangen schweren Protesten gegen seinen autoritären Regierungsstil hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan teilweise eingelenkt. Im Streit um ein Bauprojekt im Istanbuler Gezi-Park will die Regierung die endgültige Entscheidung des Gerichts abwarten, das die Arbeiten gestoppt hatte. Das sagte Regierungssprecher Hüseyin Celik nach fast vierstündigen Gesprächen Erdogans mit Vertretern der Protestbewegung. Anschließend werde ein Referendum über das Projekt abgehalten. Das Protestbündnis begrüßte die Entscheidung, Demonstranten kündigten aber eine Fortsetzung der Proteste an.

Bis zu einem Gerichtsbeschluss zur Bebauung des symbolträchtigen Parks im Zentrum Istanbuls werde das Projekt ausgesetzt, sagte Celik nach dem Treffen zwischen Erdogan und Vertretern des Protestbündnisses Taksim-Solidarität am Donnerstagabend in Ankara. Anschließend werde das Projekt den Istanbulern in einer Volksabstimmung zur Entscheidung vorgelegt. Der Park werde vorerst "nicht angerührt", versicherte Celik. "Wir wollen wissen, was die Bürger Istanbuls denken, ihre Entscheidung ist sehr wichtig für uns."

Die Protestbewegung begrüßte die Ankündigung. "Das positive Ergebnis des heutigen Abends ist die Erklärung des Ministerpräsidenten, dass das Projekt bis zum endgültigen Gerichtsurteil nicht weitergeht", sagte der Sprecher von Taksim-Solidarität, Tayfun Kahraman, nach dem Treffen. Es war das erste Mal seit Beginn der regierungskritischen Proteste vor zwei Wochen, dass sich Erdogan mit dem Protestbündnis traf. Fast vier Stunden dauerte das Treffen mit der zehnköpfigen Delegation in der Residenz des Ministerpräsidenten.

"Gehen Sie nach Hause"

Erdogan appellierte an die Demonstranten auf den Taksim-Platz von Istanbul und dem benachbarten Gezi-Park, ihre Proteste nun zu beenden. Ihre Botschaft hinsichtlich des Gezi-Parks sei angekommen und werde geprüft, sagte er. "Bitte verlassen Sie jetzt den Gezi-Park und gehen sie nach Hause", mahnte er.

Die landesweite Protestwelle in der Türkei hatte sich vor zwei Wochen an der brutalen Räumung eines Protestlagers im Gezi-Park entzündet. Die Regierung plant dort den Nachbau einer osmanischen Kaserne, in der es Wohnungen, Geschäfte oder ein Museum geben soll. Inzwischen richten sich die Demonstrationen aber vor allem gegen Erdogans autoritären Regierungsstil.

Laut dem türkischen Ärztebund wurden bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten seit Ende Mai fast 7500 Menschen verletzt. Die Zahl der Todesopfer stieg auf fünf. Ein 26-jähriger Demonstrant, der seit dem 1. Juni in einem Krankenhaus in Ankara auf der Intensivstation lag, sei seinen schweren Verletzungen erlegen, berichtete CNN Türk unter Berufung auf eine Mitteilung der Klinik. Dem Bericht nach war Ethem Sarisülük bei den Protesten in Ankara zu Boden gegangen, als die Polizei Warnschüsse in die Luft abgegeben hatte. Bei den anderen Todesopfern handelt es sich um drei weitere Demonstranten sowie einen Polizisten, der in der südtürkischen Stadt Adana bei einem Einsatz gegen Demonstranten von einer Brücke in den Tod gestürzt war.

Der Ärztebund kritisierte, das Gesundheitsministerium habe die Istanbuler Ärztekammer aufgefordert, die Namen der Ärzte weiterzugeben, die während der Demonstrationen in improvisierten Ambulanzen verletzte Teilnehmer behandelt haben. Auch die Namen ihrer Patienten sollten laut der Ministeriumsaufforderung weitergegeben werden. Aber kein einziger Name werde weitergegeben, kündigte der Ärztebund an. Das Ministerium wollte die Anweisung nicht bestätigen.

Quelle: ntv.de

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