
Schmierereien wie diese sollen in Deutschland bald als Straftat gelten: Ein aufgesprühtes "Z" an einer Bushaltestelle in St. Petersburg.
(Foto: REUTERS)
Es ist das Zeichen der Unterstützer von Putins Angriffskrieg in der Ukraine: das "Z"-Symbol. Längst wird es auch in Deutschland benutzt. Wer es öffentlich zeigt, kann sich künftig strafbar machen. Juristisch ist es jedoch nicht ganz so einfach.
Zuerst tauchte das weiße "Z" auf Fahrzeugen und Uniformen der russischen Streitkräfte in der Ukraine auf. Mittlerweile prangt der lateinische Buchstabe auch außerhalb des Kriegsgebietes auf Autos, Gebäuden oder Kleidung von Zivilisten und ist zum Kriegszeichen mutiert: Russen zeigen damit ihre Zustimmung zu der Invasion und dem Töten unschuldiger Zivilisten in der Ukraine öffentlich. Das "Z" ist als Symbol gut zu erkennen, da es den Buchstaben im kyrillischen Alphabet nicht gibt.
Lange wurde über die Bedeutung gerätselt, bis das russische Verteidigungsministerium sie mit einem Post bei Instagram auflöste: "Z" stehe für "Za Pobedu". Übersetzt heißt das: "Auf den Sieg". Damit ist klar, welche Botschaft der Buchstabe transportieren soll: Den Erfolg der Ukraine-Invasion und damit die Befürwortung und Unterstützung für Machthaber Wladimir Putin und seinen Krieg. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Russe Ivan Kuliakin, der beim Turn-Weltcup in Doha bei der Preisverleihung ein mit Tapeband aufgeklebtes "Z" auf der Brust trug. Das Bild ging um die Welt, nicht zuletzt, weil er neben dem Ukrainer Illia Kovtun, der Erster wurde, als Drittplatzierter auf dem Treppchen stand.
Mittlerweile taucht das "Z" auch in Deutschland immer häufiger auf. Das Bundesinnenministerium kündigt deshalb strafrechtliche Konsequenzen für die Verwendung des Symbols an. Der Buchstabe an sich könne nicht verboten werden, sagte ein Sprecher. Das öffentliche Billigen eines Angriffskriegs damit könne jedoch strafbar sein. Dies hätten im Einzelfall dann Gerichte zu klären. Zuvor hatte nach Bayern und Niedersachsen auch Berlin mitgeteilt, gegen das Zeichen vorgehen zu wollen. Berlins Innensenatorin Iris Spranger von der SPD sagte dem Tagesspiegel: "Wird der Kontext zum Krieg hergestellt mit der Verwendung des weißen 'Z's, wie es auf den russischen Militärfahrzeugen zu sehen ist, dann bedeutet das natürlich die Befürwortung des Angriffskrieges. Das wäre strafbar, da schreiten wir auch sofort ein."
"Z" ist nicht gleich "Z"
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich sagte: "Wir akzeptieren nicht, wenn völkerrechtswidrige Verbrechen gebilligt werden". Zuvor hatte auch der NRW-Flüchtlingsminister und FDP-Mann Joachim Stamp auf Twitter gefordert: "Das 'Z' als Symbol des Putinschen Faschismus sollte deutschlandweit verboten werden." Auch die SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag sowie CDU, FDP und SPD in Nordrhein-Westfalen sprechen sich dafür aus.
Grundlage für das Vorgehen der Länder ist Paragraf 140 Nummer zwei des Strafgesetzbuches: Demnach wird ein Verhalten unter Strafe gestellt, das als öffentlich zur Schau getragene Billigung von Angriffskriegen zu verstehen und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. In der Praxis bedeutet das: Das Tragen einer Kette mit dem Buchstaben "Z", das etwa den Anfangsbuchstaben des Namens der Oma darstellen könnte, ist nicht strafbar, ein Plakat mit einem aufgemalten weißen "Z" mit russischer Flagge daneben schon. Denn im zweiten Fall sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass ein Betrachter es als Billigen der Invasion interpretieren würde, erklärt der Jurist Prof. Dr. Ulrich Stein in dem Rechtsmagazin "Legal Tribune Online".
Kirchenmauer in Würzburg mit "Z" beschmiert
Einen ersten solchen Fall gibt es bereits in Würzburg: Dort hat ein Unbekannter eine Kirchenmauer mit mehreren "Z"-Symbolen beschmiert. Die 80 mal 80 Zentimeter großen Buchstaben brachte er an fünf Stellen der Mauer an, teilte das Polizeipräsidium Unterfranken mit. Die Kriminalpolizei prüft nun den Anfangsverdacht einer Straftat nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuchs. Möglich sind bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Der Jurist und ntv.de-Kolumnist Hendrik Wieduwilt hält nichts von einem solchen Verbot. Er spricht von Symbolpolitik. Die Strafermittlung ist am Ende Sache der Polizei, nicht der Politik. In seinen Augen wird dadurch Handeln simuliert, womit am Ende nicht viel erreicht wird.
Fraglich sei auch, ob man die Freiheit seiner Bürger mit solchen Symbolen einschränken will. Eine Art Konfrontationsschutz für Ukrainer in Deutschland sei zwar wünschenswert, aber keine Rechtfertigung für Strafnormen, schreibt Wieduwilt bei Twitter. "Äußerungen verbieten ist ein scharfes Schwert." Er verstehe zwar das Argument, dass dadurch ein Zeichen gegen den Krieg gesetzt werden soll. Doch das Strafrecht sei "nicht das beste Mittel, gegen eigene Bürger vorzugehen", findet Wieduwilt. Zudem müssten dann andere Symbole ebenfalls verboten werden, die nicht demokratischen Werten entsprechen.
Wer der russischen Propaganda glaubt, wird freigesprochen
Selbst für den Fall, dass es zum Prozess kommen würde, ist eine Verurteilung fraglich. Entschieden wird immer im Einzelfall. Zum einen werden Situationen vorkommen, in denen der Betrachter das "Z" nur möglicherweise auf die Invasion beziehen, es aber auch anders einordnen oder ratlos bleiben wird, schreibt Jurist Ulrich Stein. Dann sei die Symbolverwendung mangels Eindeutigkeit des Aussagegehalts kein Billigen. Ein Beispiel wäre ein "Z", das sorgfältig an einem Fahrzeug angebracht ist, aber eher klein ist und an einer Stelle, wo man bei Geschäftswagen den Hinweis auf das Unternehmen erwarten würde.
Zum anderen gibt es noch eine weitere Besonderheit: Zum Vorsatz muss auch eine bestimmte Vorstellung über die Rechtslage gehören, nämlich die Vorstellung, die Invasion sei wegen ihrer Zielrichtung gegen die politische Unabhängigkeit der Ukraine völkerrechtswidrig, so Stein. Glaubt der Angeklagte allerdings der russischen Propaganda und ist davon überzeugt, Ziel der Invasion sei es, einen Angriff seitens der Ukraine abzuwehren oder einen Völkermord an der dortigen russisch-stämmigen Bevölkerung zu verhindern, dann handele er ohne Vorsatz und könne daher nicht bestraft werden. Behauptet ein Beschuldigter im Strafverfahren daher, er habe diese Überzeugung gehabt, und es kann nicht geklärt werden, ob seine Behauptung stimmt, dann sei er folglich freizusprechen.
Quelle: ntv.de, mit AFP