Politik

"Neue Ziele in Europa" Putin lobt neue Rakete

Der russische Präsident Wladimir Putin hat demonstrativ die Testversuche für eine neue Kurzstreckenrakete vom Typ Iskander-M gelobt. "Meine Glückwünsche gehen an die Entwickler, die Ingenieure und Militärs", sagte der Kremlchef bei einem Treffen mit dem für Rüstungsfragen zuständigen Vize-Regierungschef Sergej Iwanow in Moskau. Die zu einem Marschflugkörper umgebaute ballistische Rakete vom Typ Iskander-M soll nach Angaben russischer Militärs als Antwort auf die US-Raketenabwehrpläne im Gebiet Kaliningrad an der Ostsee stationiert werden und könnte die Raketensilos auf polnischem Gebiet anvisieren.

Erst am Sonntag hatte Moskau im Streit um das geplante US-Raketenabwehrsystem für Europa den Ton verschärft. Präsident Wladimir Putin drohte offen mit "Vergeltungsschritten". Vor ausländischen Medien kündigte er die Absicht an, als mögliche Reaktion "neue Ziele in Europa" ins Visier russischer Raketen zu nehmen.

Auf die Frage der Journalisten, ob Russland seine Raketen wieder auf europäische oder amerikanische Ziele richten würde, antwortete Putin mit einem klaren "Ja". Die USA zerstörten mit ihren Raketenplänen das strategische Gleichgewicht in der Welt und provozierten ein neues Wettrüsten. US-Präsident Bush hatte Putin davor gewarnt, die bilateralen Beziehungen durch starke Rhetorik zu belasten, und angekündigt, beim G8-Gipfel in Heiligendamm mit Putin über die Raketenabwehr reden zu wollen. Begleitet von ersten Protesten traf Bush am Montagabend zu Gesprächen in Tschechien ein.

USA: "Eskalation in der Rhetorik"

Die US-Regierung sucht nach den Worten von US- Sicherheitsberater Stephen Hadley indes nach wie vor "den konstruktiven Dialog" mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Hadley bezeichnete auf dem Flug mit US-Präsident George W. Bush nach Prag die Äußerungen Putins über mögliche neue Ziele für russische Raketen in Europa angesichts der ohnehin angespannten Beziehungen als "nicht hilfreich". Es gebe bedauerlicherweise "eine Eskalation in der Rhetorik", sagte Hadley.

Das geplante Raketenabwehrsystem in Tschechien und Polen stelle in keiner Weise eine Bedrohung Russlands dar, sagte Hadley. Er hoffe, es gehe nun nicht um Drohungen Russlands. Es gebe auch keine Anstrengungen "zur Einkreisung Russlands". Seit Jahren bemühe sich die US-Regierung, Russland in die Pläne für eine Raketenabwehr miteinzubeziehen. Sie diene lediglich dazu, Europa vor so genannten Schurkenstaaten zu schützen.

Die Nato bezeichnete die Warnung Putins vor einem neuen Wettrüsten in Europa als "nicht hilfreich und nicht erwünscht". "Meines Wissens ist Russland das einzige Land, das darüber spekuliert, Raketen auf Europa zu richten", sagte der Sprecher des Militärbündnisses, James Appathurai, in Brüssel.

Die tschechische Regierung tat Putins Ankündigung, möglicherweise mit Raketen Ziele in Europa ins Visier zu nehmen, als unrealistisch und nicht wirklich ernst zu nehmen ab. "Das sind alles nur russische Muskelspiele" und "taktische Verhandlungsmanöver", meinte der stellvertretende Ministerpräsident Tschechiens, Alexander Vondra, in Prag. Putin verhalte sich letztendlich vernünftig und sei ein berechenbarer Politiker. Er rechne damit, dass sich Moskau schließlich mit der Aufstellung des Raketenabwehrsystems in Tschechien und Polen abfinden werde, sagte Vondra. Schließlich bleibe auch genug Zeit, weil die Anlagen erst 2012 in Betrieb genommen werden sollen.

Iwanow kündigt weitere Tests an

Der frühere Verteidigungsminister Sergej Iwanow machte deutlich, dass die Versuche mit der neuen Kurzstreckenrakete noch im Anfangsstadium seien und erste Flugtests noch bevorstünden. Russland hatte in der Vorwoche als Reaktion auf die US-Raketenabwehrpläne sowie auf den Streit um den KSE-Abrüstungsvertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa die Iskander-M sowie eine Interkontinentalrakete vom Typ RS-24 getestet. Die maximale Reichweite der Kurzstreckenrakete Iskander-M bleibt nach russischen Angaben deutlich unter 500 Kilometern. Damit fiele die Rakete nicht unter den vor 20 Jahren zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossenen INF-Vertrag. Der Vertrag sah die Vernichtung aller Raketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern vor.

Die USA sind derzeit mit Polen und Tschechien über den Bau eines Raketenabwehrsystems im Gespräch. In der Nähe von Prag soll eine Radaranlage, in Polen ein Raketensilo entstehen. Am Samstag lehnten weitere drei tschechische Orte die geplante Stationierung in ihrer Nachbarschaft ab. In den böhmischen Gemeinden Hvozdany, Tene und Zajecov sprachen sich in kommunalen Referenden jeweils zwischen 95 und 99 Prozent der Bewohner gegen das Radar aus. Zuvor hatten bereits andere Orte der Region das Projekt abgelehnt. Die Befragungen haben allerdings keine bindende Wirkung für die Regierung, gelten aber als wichtiger Stimmungstest.

Quelle: ntv.de

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