Grundsätzliches zum Schluss Putins letzte Reden
08.02.2008, 18:03 UhrDer scheidende russische Präsident Wladimir Putin hat dem Westen in einer seiner letzten Grundsatzreden ein neues Wettrüsten vorgeworfen. Russland habe diesen Wettlauf nicht ausgelöst und dürfe sich auch nicht daran beteiligen, sagte Putin vor Ministern, Abgeordneten und Gouverneuren aus den russischen Regionen. In der Ansprache, die wie ein Vermächtnis für seinen designierten Nachfolger Dmitri Medwedew wirkte, forderte der Staatschef weitere Steuersenkungen und ein einfacheres Steuersystem.
"Es wurde bereits ein neues Wettrüsten entfesselt", sagte Putin der nach zwei Amtszeiten bei der Präsidentenwahl am 2. März nicht wieder antreten darf. Sein Land habe den Wettlauf nicht gestartet und nicht Milliarden Dollar in die Entwicklung neuer Waffensysteme gesteckt. "Die Nato expandiert", sagte Putin und warf dem westlichen Bündnis eine Einkreisung seines Landes vor. "Wir gaben unsere Stützpunkte auf Kuba und in Vietnam auf. Und was bekamen wir dafür? Neue amerikanische Stützpunkte in Rumänien und Bulgarien." Hinzu komme das geplante Raketenabwehrsystem der USA, das zum Teil in Polen stationiert werden soll.
Die Nato, die im litauischen Vilnius mit Vertretern Russlands beriet, reagierte zunächst nicht auf die Vorwürfe. Mehrere Nato-Verteidigungsminister hätten den stellvertretenden russischen Ressortchef Alexander Kolmakow aber ersucht, sein Land möge in Auseinandersetzungen mit Mitgliedern des Bündnisses seinen Ton mäßigen. Sie hätten auch darum gebeten, vorab über russische Manöver in ihrer Nähe informiert zu werden, sagte ein Sprecher der Nato. Zuletzt hatten russische Kampfbomber in Januar in der Biskaya vor der Küste der Nato-Länder Spanien und Frankreich Raketen getestet. Russland hat sich zudem in harten Worten gegen die Aufnahme der früheren Sowjetrepubliken Ukraine und Georgien in die Nato ausgesprochen.
In den acht Jahren als Präsident hat der 55-jährige Putin die russischen Streitkräfte modernisiert und ihre Präsenz auf den Weltmeeren verstärkt. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet zog der Staatschef eine positive Bilanz. Im Jahr 2000 sei das einstmals reiche Russland verarmt und im Griff von Wirtschaftsführern gewesen. "Wir haben uns von der Praxis freigemacht, staatliche Entscheidungen unter dem Druck von Finanz- und Medienmagnaten zu treffen", sagte Putin, der zugleich forderte, die russische Wirtschaft international wettbewerbsfähiger und von Öl-Exporten unabhängiger zu machen.
Putin schlug Steuersenkungen für Firmen vor, die in die Ausbildung und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter investierten. "Alles in allem müssen wir die Steuerlast verringern." Dank hoher Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas boomt die russische Wirtschaft.
Die Demokratie bezeichnete Putin als Grundpfeiler der russischen Gesellschaft. Parteien, die vom Ausland finanziert würden, handelten jedoch unmoralisch und beleidigten das Volk. Die Opposition wirft Putin vor, die Demokratie auszuhebeln. Die Wahl in drei Wochen, in die der von Putin auf den Schild gehobene Medwedew als haushoher Favorit geht, ist aus ihrer Sicht eine Farce. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa wirft Russland Behinderung vor und verzichtet wie schon zur Parlamentswahl im Dezember auch zur Abstimmung Anfang März auf die Entsendung von Beobachtern.
Quelle: ntv.de