Politik

Unternehmenssteuern Reform wird zerpflückt

Die 2008 geplante Reform der Unternehmensbesteuerung steht weiter massiv in der Kritik. Bei der ersten Lesung der umstrittenen Gesetzespläne am Freitag im Bundestag warfen die Oppositionsparteien der großen Koalition vor, eine ungerechte und verfassungsrechtlich bedenkliche Reform vorgelegt zu haben, die unsolide finanziert sei und dem Standort Deutschland schade.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verteidigten die Senkung der Unternehmenssteuern auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau. Sie sei ein Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftswachstums und der Einnahmebasis. "Nichtstun würde dauerhaft zu Mindereinnahmen führen", sagte Steinbrück auch an die Adresse der SPD-Linken, die die Pläne wie die Gewerkschaften als ungerechtfertigtes Milliarden-Geschenk an Unternehmen ablehnen.

Steinbrück und Koch, die die Reformeckpunkte ausgearbeitet haben, wiesen zugleich Kritik von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zurück, der Nachteile für kleine und mittlere Firmen beklagt. Es gebe keine "Mittelstandslücke". Koch deutete zudem Detail-Änderungen an.

Nach dem Gesetzentwurf von Union und SPD soll die Steuerlast von Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) von gut 39 auf knapp 30 Prozent gesenkt werden. Profitieren sollen auch Personenunternehmen, die den Großteil der Firmen stellen: Im Betrieb für Investitionen eingesetzte Gewinne sollen weniger versteuert werden als ausgeschüttete. Davon profitieren vor allem große Personenunternehmen (OHG oder KG).

Abschaffung von Steuerschlupflöchern

Um die Einnahmeverluste für den Staat auf fünf Milliarden Euro im Jahr zu begrenzen, sollen zahlreiche Steuerbegünstigungen und legale Steuerschlupflöcher abgeschafft werden. Die Koalition will erreichen, dass in Deutschland erwirtschaftete Gewinne wieder stärker auch hier zu Lande versteuert werden. Da die Steuersenkung schneller wirkt als die Maßnahmen zur ihrer Finanzierung, fallen die Einnahmeverluste für den Staat in den ersten Jahren höher aus. Das Gesetz soll noch vor der Anfang Juli beginnenden Sommerpause verabschiedet werden.

Der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms nannte die Reform verfassungsrechtlich bedenklich und ein unsystematisches Bündel von Einzelmaßnahmen, die sich teils widersprächen. Gewinn- und kapitalschwache sowie forschungsintensive Unternehmen würden belastet, gewinnstarke dagegen entlastet. Zugleich würden Steuer-Mauern um Deutschland aufgebaut. Solche sozialistischen Rezepte hätten schon der DDR nicht geholfen. Kein Auslandsinvestor werde kommen, heimische Firmen wanderten ab. "Wenn Gewinne in Deutschland eingesperrt werden, werden Firmen ihren Sitz ins Ausland verlagern."

Der Fraktionschef der Linkspartei, Oskar Lafontaine, sagte, es gebe keinen Korrekturbedarf. Die wirkliche Steuerlast sei weit niedriger als behauptet. Es sei ein "Märchen", dass der Satz der Körperschaftsteuer, den die Kapitalgesellschaften zahlen, mit 25 Prozent zu hoch sei. "Belügen sie doch nicht das Volk", sagte Lafontaine. Die Grünen-Politikerin Christine Scheel begrüßte mit Blick auf den internationalen Wettbewerb zwar die Senkung der Steuersätze: "Wir leben nicht auf einer Insel." Es sei aber nicht gelungen, dies mit einer vernünftigen Finanzierung zu verbinden.

Quelle: ntv.de

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