Politik

Volksentscheid in Hamburg Reformgegner genießen Sieg

Bildungsministerin Annette Schavan ist zufrieden.

Bildungsministerin Annette Schavan ist zufrieden.

(Foto: dpa)

Das Ergebnis des Volksentscheids in Hamburg über die Schulreform wird erwartungsgemäß unterschiedlich aufgenommen. Bildungsministerin Schavan ist zufrieden, die Verlierer sehen das bittere Ende eines "Klassenkampfes".

Nach dem Stopp der schwarz-grünen Pläne für eine sechsjährige Grundschule in Hamburg haben Unionspolitiker ein Ende ideologischer Experimente im Bildungswesen verlangt. Die Bürger hätten es satt, "dass ständig an den Schulstrukturen herumgedoktert wird", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Der Deutsche Philologenverband forderte von den Ländern ein Moratorium, in den nächsten 10 Jahren auf Eingriffe bei der Schulstruktur zu verzichten. Kritik kam dagegen von Grünen und SPD.

Die Initiatoren des Entscheid freuen sich über den Sieg.

Die Initiatoren des Entscheid freuen sich über den Sieg.

(Foto: dpa)

Ähnlich wie Schavan äußerten sich der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) sowie auch andere CDU-Bildungsminister aus den Ländern. CSU- Generalsekretär Alexander Dobrindt sieht die Kultusministerkonferenz jetzt in der Pflicht, alle Umbaupläne nach dem eindeutigen Hamburger Bürgervotum sofort zu stoppen. Im Saarland, wo die schwarz-grün-gelbe Koalition von Regierungschef Peter Müller (CDU) die Grundschulzeit auf fünf Jahre ausdehnen will, kündigte Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) einen "behutsameren Weg" als in Hamburg an.

Geringe Wahlbeteiligung

Die Schulreformgegner hatten sich am Sonntag beim Volksentscheid klar durchgesetzt. Eine große Mehrheit der Bürger folgte dem Vorschlag der Reformgegner um die Initiative "Wir wollen lernen", die die vierjährige Grundschule beibehalten wollen. Hierfür stimmten 276.304 Bürger, nur 218.065 sprachen sich für die von allen Parlamentsparteien beschlossene sechsjährige Primarschule aus. Die Wahlbeteiligung lag allerdings nur bei 39 Prozent.

Hamburgs grüne Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) will trotz der herben Niederlage weitermachen. Die Schulpolitik befinde sich in schwerer See. "Dann kann man nicht einfach das Schiff verlassen, sondern muss dafür kämpfen, dass das Schiff ordentlich wieder an Land kommt." Unterstützung erhielt sie von Hamburgs CDU-Chef Frank Schira: "Auch die CDU hat für diese Schulreform gekämpft." Es sei aber nicht gelungen, die Menschen zu überzeugen.

Bürgermeister von Beust hatte hingegen sehr für die Reform gekämpft.

Bürgermeister von Beust hatte hingegen sehr für die Reform gekämpft.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Unabhängig vom Votum der Bürger gegen die verlängerte gemeinsame Grundschulzeit wird es im Hamburger Schulsystem künftig nur noch zwei Schulformen geben: Gymnasien und sogenannte Stadtteilschulen - die auch bis zum Abitur führen. Ähnliches ist in Berlin geplant. SPD- Bildungssprecher Ernst-Dieter Rossmann sagte: "Die Hamburger Schulreform bleibt ein großer Wurf - auch ohne die verlängerte Grundschule."

Nachdenken erwünscht

Schavan kritisierte in der ARD: "Vor allen Dingen ist in Hamburg der Eindruck erweckt worden, das Gymnasium sei Schuld an den Schwachstellen im Bildungssystem. Das war falsch und deswegen ist es so ausgegangen." Sie hoffe nun, dass das Ergebnis des Volksentscheids auch ein Impuls dafür sei, "dass jetzt über die wirklich wichtigen Fragen des Bildungssystems nachgedacht wird und nicht jede Landesregierung findet, in dem Moment, an dem sie an der Regierung ist, könne sie die Schulstruktur ändern".

Bayerns Kultusminister Spaenle nannte die Absage an die Schulreform ein "klares Signal für individuelle Förderung in einem differenzierten Schulwesen". Baden-Württembergs CDU-Landtagsfraktion sieht sich durch den Volksentscheid in ihrer Schulpolitik bestätigt. "Das ist eine Absage an jede Ideologie", sagte Fraktionschef Peter Hauk. Für Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) ist das Hamburger-Votum gegen die Schulreform ein "deutliches Signal gegen ideologischen Reformübereifer".

Scharfe Kritik kam von den Bundes-Grünen. Forschungsexpertin Krista Sager aus Hamburg sagte, es sei "ein Treppenwitz der Geschichte, dass diejenigen, die bisher am lautesten für die Kleinstaaterei bei der Bildung und am leidenschaftlichsten für den Wettbewerbsföderalismus bei den Schulsystemen eingetreten sind, nun dem Rest der Republik Bewegungslosigkeit verordnen wollen". Sie warf Bildungsministerin Schavan vor, sie habe sich an der Frage vorbeigedrückt, wie das Schulsystem sowohl leistungsfähiger als auch gerechter gestaltet werden könne.

Quelle: ntv.de, dpa

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