Internet-Telefonate abhören Regierung will Online-Spionage
21.03.2009, 16:42 UhrDie Große Koalition will Strafverfolgern das Abhören von verschlüsselten Telefonaten über Computer und Internet ermöglichen. Entsprechende Überlegungen befänden sich aber noch im Vorstadium eines Gesetzentwurfs, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums. Bei der Überwachung von Internet-Telefongesprächen gehe es nicht um neue Eingriffe in Grundrechte, sondern um eine Anpassung bestehender Vorschriften an den technischen Fortschritt. "Es soll eine Lücke geschlossen werden, die durch die wachsende Internet-Telefonie entstanden ist", sagte der Sprecher.
Auf Eis gelegt habe das Ministerium dagegen Überlegungen, wonach Erkenntnisse aus präventiven Online-Durchsuchungen von Computern auch zur Strafverfolgung verwendet werden könnten. Dieses Vorhaben sei angesichts der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen die seit diesem Jahr geltende Ausweitung der BKA-Befugnisse zurückgestellt worden. Seit Jahresbeginn darf das Bundeskriminalamt (BKA) zur Abwehr schwerster Gefahren wie etwa Terroranschläge Computer ausspähen.
Spionage-Software
Laut Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach soll den Strafverfolgern zur Aufklärung schwerer Verbrechen die sogenannte "Quellen-TKÜ" erlaubt werden. Dabei wird die Telekommunikation mittels Spionage-Software auf dem Computer abgegriffen, noch ehe Internet-Telefonate oder E-Mails von den Überwachten verschlüsselt werden können. "Es darf nicht sein, dass sich Tatverdächtige durch moderne Verschlüsselungstechnik der Strafverfolgung entziehen können", sagte Bosbach der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Strafverfolgern solle daher zur Aufklärung schwerer Verbrechen erlaubt werden, Internettelefonate oder E-Mails mittels Spionage-Software auf dem Computer abzugreifen, noch bevor sie von den Überwachten verschlüsselt werden könnten.
Scharfe Kritik kam aus der FDP. Eine Online-Durchsuchung zur Strafverfolgung sei völlig indiskutabel, erklärte die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz. Es zeige sich "wieder einmal, dass diese Koalition nur dann groß ist, wenn es um Grundrechtseinschränkungen geht".
BKA darf Nutzer nicht registrieren
Das Bundesinnenministerium hat unterdessen dem Bundeskriminalamt (BKA) untersagt, Verbindungsdaten von Besuchern seiner Internet-Fahndungsseiten zu registrieren. Das BKA sei im November 2008 gebeten worden, künftig keine IP-Adressen von Nutzern der Fahndungsseiten der BKA-Homepage zu registrieren, bestätigte das Ministerium Angaben des "Spiegel". Nach dem Bericht hatte die Behörde seit 2001 die Verbindungsdaten von Nutzern ihrer Homepage gespeichert und ausgewertet. Ins Fadenkreuz gerieten alle Internet-Nutzer, die mehrmals auf ausgewählte Fahndungsseiten klickten. Das BKA habe sich von der Kontrolle offenbar Hinweise auf gesuchte Straftäter versprochen.
Quelle: ntv.de