Hinweise auf weitreichende Strukturen Rocker überregional organisiert?
01.06.2012, 21:43 Uhr
Die Rockerszene wird schon lange beobachtet, doch für ein Verbot fehlten bislang
(Foto: dapd)
Nach Razzien in Berlin, Potsdam und Norddeutschland will der Innenminister die Rockerbanden endgültig verbieten. Doch der Nachweis, dass sie überregional vernetzt und organisiert kriminell sind, ist schwierig zu erbringen und scheiterte bislang an Verrätern in den Reihen der Sicherheitsbehörden.
Nach Razzien in mehreren Städten wächst der Druck auf kriminelle Rockerclubs in Deutschland. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will ein generelles Verbot prüfen. Voraussetzung dafür ist eine bundesweite Organisationsstruktur der Clubs. Hinweise darauf mehrten sich zuletzt. "Sollte das der Fall sein, gibt es kein Ermessen mehr, sondern die Pflicht des Bundes, entsprechend auf Bundesebene Verbote auszusprechen", sagte der CSU-Politiker zum Abschluss der Innenministerkonferenz im mecklenburgischen Göhren-Lebbin.
Nach Angaben von Ermittlern verdichten sich die Hinweise auf bundesweite Rockerstrukturen. Auch die Aussage eines Kronzeugen vor einem Kieler Gericht spricht dafür. Demnach soll der Chef der Hells Angels in Hannover, Frank Hanebuth, eine führende Rolle bei der Rockerbande in Deutschland spielen und etwa der Ermordung eines Türken in Kiel zugestimmt haben. Hanebuth hat die Darstellung zurückgewiesen. Die Leiche ist bislang nicht gefunden worden.
Der schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Schlie (CDU) bewertetet die Ermittlungen als Erfolg. "So weit waren wir noch nie", sagte er den "Kieler Nachrichten". Die Fahnder seien tief in die kriminellen Strukturen eingedrungen und hätten erhebliche Querverbindungen aufgedeckt, bis hin zu Korruptionsfällen in den Behörden.
Verräter bei der Polizei
Doch auch brisante Verstrickungen zwischen Rockern und Behörden werden immer deutlicher. Berlins Vize-Polizeichefin Margarete Koppers räumte ein, dass Verräter in den eigenen Reihen schon seit längerem ein Problem seien. Noch bevor in der Hauptstadt das Verbot einer Gruppe der Hells Angels durchgesetzt werden konnte, hatte der Club offenbar davon erfahren und sich kurzerhand selbst aufgelöst. Um überhaupt noch Beweise sicherstellen zu können, musste die Polizei früher als geplant zuschlagen.

Der Chef der Hannoveraner Hells Angels, Frank Hanebuth, soll eine führende Figur der Rocker in Deutschland sein.
(Foto: dapd)
Inzwischen sucht die Fachdienststelle für Polizeidelikte unter Hochdruck den "Maulwurf". Bislang müsse sie davon ausgehen, dass der Informant aus den Reihen der Polizei stamme, sagte Koppers. "Das ist ein Phänomen, mit dem wir es immer wieder bei größeren Einsätzen zu tun haben." Die amtierende Polizeipräsidentin schließt zudem nicht aus, dass auch künftig ähnliche Pannen passieren können. "Ein vollkommen sicheres System wird es leider nicht geben." Jedoch werde nun der Umgang mit geheimen Informationen auf den Prüfstand gestellt.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gibt den Medien eine Teilschuld für das Durchsickern geheimer Informationen. Auf die Frage nach seinem Vertrauen in die Berliner Polizei und ob Informationen, die nach außen gehen, gestoppt werden müssten, sagte er: "Das gilt auch für die Presse, die immer versucht, Informationen zu bekommen, bevor sie an die Öffentlichkeit gehen sollten." Es müsste kritisch hinterfragt werden, ob Veröffentlichungen von Spiegel Online und anderen Medien angemessen waren.
Der Berliner CDU-Innenexperte Peter Trapp rechnet nach dem Verbot der "Hells Angels MC Berlin City" und deren Unterstützergruppe "MG 81" damit, dass die Rocker dagegen juristisch vorgehen werden. "Es geht um Geld und sichergestellte Motorräder", sagte Trapp. Nach Angaben der Polizei ist ein Einspruch bislang nicht eingegangen. Dafür haben die Rocker noch bis Ende Juni Zeit.
Holländische Szene drängt nach NRW
In den vergangenen Tagen war die Polizei in mehreren Städten mit großangelegten Aktionen gegen Rockerclubs vorgegangen. Es gab Razzien in Berlin und Potsdam. Davor ging die Polizei mit rund 1200 Beamten gegen Rocker in Norddeutschland vor.
Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Rockerszene in Bewegung. Die große holländische Rockergruppe Satudarah will dort Fuß fassen. An diesem Wochenende soll die Gründung des ersten Satudarah-Chapters in Duisburg besiegelt werden. Ein örtlicher Rockerclub habe sich entschlossen, sich Satudarah anzuschließen, bestätigte die Duisburger Polizei. Erwartet würden etwa 200 Rocker. In den niederländischen Medien wird Satudarah immer wieder im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität und Dogenhandel erwähnt.
Quelle: ntv.de, dpa