Modell für Kopfpauschale kommt Rösler fordert Länder heraus
12.05.2010, 20:34 Uhr
Rösler lässt sich nicht durch die Kritik beirren.
(Foto: APN)
Am 20. Mai will Gesundheitsminister Rösler ein Prämienmodell für die Reform des Gesundheitswesens präsentieren. Zugleich setzt Rösler den Bundesrat unter Druck. "Ich bin sehr gespannt, ob die Bundesländer einen Sozialausgleich ablehnen würden, der untere Einkommen entlasten soll", erklärt er mit Blick auf die verlorene NRW-Wahl.
Gesundheitsminister Philipp Rösler drückt ungeachtet der neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat bei der umstrittenen Kopfpauschale aufs Tempo. Bereits bei der nächsten Sitzung der Regierungskommission am 20. Mai werde er den anderen sieben beteiligten Ministerien ein Prämienmodell vorlegen, kündigte der FDP-Politiker nach der dritten Sitzung des Gremiums in Berlin an. Bestärkt sieht er sich durch mehrere wissenschaftliche Expertisen.
Rösler versicherte, die beitragsfreie Familienmitversicherung werde auf keinen Fall infrage gestellt. Steuererhöhungen zur Finanzierung des geplanten Sozialausgleichs für Geringverdiener schloss er ebenso aus. Zudem gebe es keine Überlegungen, im Vorgriff den allgemeinen Beitragssatz von 14,9 Prozent für nächstes Jahr anzuheben. Die Bundesländer warnte Rösler, die Pläne zu blockieren.
Rösler setzt Länder unter Druck
Zu der Sitzung waren drei namhafte Ökonomen geladen, die verschiedene Prämienmodelle vorstellten. "In der Zusammenfassung kann ich festhalten, dass unsere Auffassung von dem Vorteil einer Prämie nochmals belegt wurde", sagte Rösler. Eine Pauschale sei weniger konjunkturabhängig als prozentuale Beiträge. Zudem sei es gerechter, den Sozialausgleich zwischen hohen und niedrigen Einkommen über das Steuersystem zu gestalten.
Durch den Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat nach dem Wahldebakel von Union und FDP in Nordrhein-Westfalen ist der Kassenumbau in Gefahr geraten. Rösler betonte jedoch, unabhängig von Wahlen bestehe ein enormer Handlungsdruck in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Er verwies auf das 2012 zu erwartende Defizit zwischen sechs und 15 Milliarden Euro. Ohne eine Prämie müssten diese Belastungen über Zusatzbeiträge aufgefangen und somit allein von den Versicherten getragen werden. Für die Zusatzbeiträge gebe es aber keinen sozialen Ausgleich für Geringverdiener wie die Regierung ihn mit der Reform plane. "Ich bin sehr gespannt, ob die Bundesländer einen Sozialausgleich ablehnen würden, der untere Einkommen entlasten soll, oder ob sie das System so lassen wollen, wie es ist." Zum Umfang der benötigten Summe für den Sozialausgleich machte Rösler keine Angaben.
Rösler hat angekündigt, den im Koalitionsvertrag vereinbarten Umbau schrittweise angehen und niemanden überfordern zu wollen. So sollen die Arbeitskosten zunächst nur teilweise von den Gesundheitskosten entkoppelt werden, indem die Arbeitgeberbeiträge begrenzt werden. Ein Teil des Arbeitnehmerbeitrags soll durch eine Prämie ergänzt werden.
Studie stützt Pauschale
Hauptknackpunkt bei den Beratungen ist die Organisation des geplanten Sozialausgleichs. Nach Angaben eines Teilnehmers gibt es noch eine Vielzahl schwieriger Fragen zu klären, für die bislang keine Lösungen erkennbar seien. Rösler hat versprochen, dass der Ausgleich über das Steuersystem automatisch erfolgen soll, damit kein Krankenversicherter zum Bittsteller degradiert wird. Allerdings stehen nicht alle GKV-Mitglieder in Kontakt mit den Finanzämtern.
Derweil präsentierte der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium mehrere Varianten von Prämienmodellen, mit denen grundsätzlich die Einführung einkommensunabhängiger unterstützt wird. Dazu gehört ein Vorschlag für eine "kleine Gesundheitsprämie", die als Einstieg dienen könnte. Sie läuft auf eine Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge hinaus, indem die Obergrenze von einem Prozent des Einkommens wegfällt. Dieser nach oben geöffnete Beitrag soll nach Vorstellung der Wissenschaftler auch von mitversicherten Erwachsenen gezahlt werden. Der allgemeine Beitragssatz soll parallel so festgesetzt werden, dass die kostengünstigsten Kassen gerade ohne oder mit einem Zusatzbeitrag von maximal zehn Euro pro Monat auskommen. Rösler äußerte sich inhaltlich zu diesen Modellen nicht.
Kritiker halten Kopfpauschalen für ungerecht, weil unabhängig vom Verdienst jeder Versicherte genau denselben Betrag zahlen müsste. Die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, warf Rösler vor, er habe "die rote Karte aus NRW offenbar nicht verstanden". Sie forderte ihn auf, die Pläne endlich fallen zu lassen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts