Politik

Entscheidender Kurswechsel im Iran? Ruhani macht Atomprogramm zu "Chefsache"

Hassan Ruhani will offenbar vieles anders machen als sein erzkonservativer Vorgänger Ahmadinedschad.

Hassan Ruhani will offenbar vieles anders machen als sein erzkonservativer Vorgänger Ahmadinedschad.

(Foto: imago stock&people)

Für die internationalen Sanktionen macht der neue iranische Präsident Ruhani auch unbedachte außenpolitische Äußerungen verantwortlich. "Den Preis zahlt das Volk", sagt er. Nun macht er das Atomprogramm zur Chefsache. Die EU und die UN-Vetomächte schöpfen Hoffnung.

Der neue iranische Präsident Hassan Ruhani will mehr Einfluss auf die für September geplante Fortsetzung der Atomverhandlungen mit dem Westen nehmen. Die Atompolitik sei nun Chefsache, sagte der neue iranische Atomchef Ali Akbar Salehi laut Medienberichten. Ruhani müsse entscheiden, ob die Verhandlungen demnächst übers Außenministerium oder weiterhin über den Nationalen Sicherheitsrat laufen sollen.

Eine Änderung des Verhandlungsmodus' sei beim ersten Telefongespräch der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton mit dem neuen iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bereits zur Sprache gekommen. Laut unbestätigten Presseberichten soll bis zur Umsetzung des neuen Modus der Reformer und ehemalige Handelsminister Mohammed Schariatmadari als provisorischer Atom-Chefunterhändler agieren.

Außenministerium statt Sicherheitsrat

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hofft auf substanzielle Gespräche mit baldigen konkreten Resultaten. Sie sprach sich erneut für eine diplomatische Lösung des Konflikts aus. Die fünf UNO-Vetomächte und Deutschland seien bereit, mit der neuen iranischen Verhandlungsdelegation zusammenzuarbeiten. Ashton und Sarif vereinbarten, sich demnächst zu treffen.

Bei den Verhandlungen der vergangenen Jahre hatte jeweils der Sekretär des iranischen Sicherheitsrates die Interessen der Islamischen Republik vertreten. Diese Verfahrensweise konnte jedoch zu keinem Durchbruch im Atomstreit führen. Daher wolle Ruhani, falls auch der Westen damit einverstanden wäre, die Atomgespräche entweder auf Außenministerebene oder gleich direkt mit den USA führen, hieß es in Teheran.

Außenminister Mohammed Dschawad Sarif: Führt er bald die Verhandlungen?

Außenminister Mohammed Dschawad Sarif: Führt er bald die Verhandlungen?

(Foto: dpa)

Ruhani will unbedingt einen schnellen Durchbruch im Atomstreit, um die durch internationale Sanktionen verursachte Wirtschaftskrise im Land rasch zu beenden. Dabei sollen Außenminister Sarif und Atomchef Salehi eine entscheidende Rolle spielen.

1000 moderne Zentrifugen

Der Iran verfügt in seinem Atomprogramm nach eigenen Angaben über 1000 modernen Zentrifugen für eine deutlich beschleunigte Urananreicherung. Das gab der scheidende Chef des Atomprogramms, Ferejdun Abbasi, laut Nachrichtenagentur Isna bekannt. Insgesamt sind den Angaben zufolge 9700 Zentrifugen in Betrieb, die in den Atomanlagen Natans und Fordo Uran anreichern.

Alles in allem verfügt das Land laut Isna über 18.000 Zentrifugen. Die Angaben des Ex-Atomchefs sind bis jetzt von der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien nicht bestätigt worden. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt Teheran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung nach der Herstellung von Atomwaffen zu streben. Der Iran bestreitet dies.

Der neue iranische Präsident Hassan Ruhani und sein neuer Atomchef Ali Akbar Salehi wollen die Sorgen der internationalen Gemeinschaft ausräumen. Beide planen nun eine bessere und transparentere Zusammenarbeit mit der IAEA. Neben neuen technischen Verhandlungen mit der Wiener Behörde, sollen im September auch die politischen Gespräche mit den fünf Vetomächten und Deutschland wieder aufgenommen werden.

Ruhani warnt vor Fehlern

Ruhani sprach sich auch öffentlich für eine zurückhaltendere Außenpolitik seines Landes aus. Alle Offiziellen sollten bei außenpolitischen Bemerkungen größere Vorsicht walten lassen: "Jeder auch kleine Fehler in der Außenpolitik könnte uns teuer zustehen kommen," sagte Ruhani bei der Vorstellung seines neuen Außenministers Mohammed Dschawad Sarif.

Ruhani kritisierte in der Zeremonie populistische Aussagen seines Vorgängers Mahmud Ahmadinedschad auf dem Feld der Außenpolitik. Den Applaus, den Ahmadinedschad unbedingt habe bekommen wollen, hätte sich dieser auch an anderer Stelle holen können: "Außenpolitik ist jedenfalls nicht das Terrain von populistischen Slogans, sondern von überdachten Äußerungen", sagte Ruhani laut Nachrichtenagentur Mehr.

Im Iran dürfe sich nicht jeder, der einen amtlichen Posten habe, zu außenpolitischen Themen äußern: "Den Preis dafür bezahlen ja nicht sie, sondern das Volk." Bereits in seiner ersten Pressekonferenz nach Amtsantritt hatte sich Ruhani versöhnlich gezeigt und erklärt, den Atomstreit mit dem Westen schnell beilegen zu wollen.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen