"Führt Russland Krieg?" Russische Medien wollen Antwort von Kreml
27.08.2014, 15:19 Uhr
Ein Unterstützer der Rebellen schwenkt im ukrainischen Donezk die russische Fahne.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Festnahme zehn "versehentlich" in der Ukraine gelandeter russischer Soldaten ruft bei den unabhängigen Medien Russlands Skepsis über Putins Absichten hervor. Auch die Festgenommenen selbst sprechen nun von Desinformation durch das Staatsfernsehen.
Die Regierung in Moskau kommt nach der Festnahme und öffentlichen Vorführung von zehn russischen Fallschirmjägern durch die ukrainische Armee auch im eigenen Land in Erklärungsnot. "Führt Russland Krieg gegen die Ukraine, und wenn ja, warum?", fragte das auflagenstarke Blatt "Wedomosti". "Es ist unmöglich, die Informationen völlig geheim zu halten, jemand muss für die Opfer unter den russischen Soldaten die Verantwortung übernehmen", forderte die Zeitung.

"Wir sind uns bewusst, dass alles in Wirklichkeit nicht so ist, wie es das russische Fernsehen zeigt", sagten die russischen Soldaten bei ihrer öffentlichen Vorführung.
(Foto: REUTERS)
Kiew hatte die zehn Gefangenen nun bei einer "Pressekonferenz" präsentiert. Sichtlich eingeschüchtert sagte einer der Gefangenen: "Wir sind uns bewusst, dass alles in Wirklichkeit nicht so ist, wie es das russische Fernsehen zeigt." Ihm sei nun erklärt worden, dass die Ukraine von russischem Boden aus beschossen werde. "Wenn tatsächlich die russischen Streitkräfte schießen, dann kann ich nur um eines bitten: Jungs, das ist nicht nötig. Diesen Krieg brauchen wir nicht", appellierte der russische Soldat, wie das Internetportal Ukrainskaja Prawda berichtete
Oppositionsnahe Medien in Russland berichteten auch ausführlich über die Beerdigung von zwei Fallschirmjägern, die am 19. und 20. August anscheinend bei geheimen Einsätzen in der Ukraine ums Leben gekommen waren. "Wir waren Zeugen der Beisetzung" der beiden in der Region Pskow, schrieb die "Nowaja Gaseta". Der Tod von Leonid Kitschatkin und Alexander Ossipow habe vertuscht werden sollen. Die Zeitung veröffentlichte Fotos der Gräber und sprach mit Angehörigen.
"Schweigen kann monströsen Vorfall provozieren"
Diese berichteten vor Ort, die Soldaten seien bei Kämpfen zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Streitkräften nahe der ostukrainischen Rebellenhochburg Luhansk getötet worden. "Dutzende Mitglieder der 76. Luftlandedivision melden sich nicht mehr bei ihren Familien", schreibt das Blatt weiter. "Wir sind an einem Punkt angelangt, wo das Schweigen einen monströsen Vorfall provozieren kann", schrieb die Onlinezeitung Pskowskaia Gubernja. Diese war über Stunden nicht aufzurufen, nachdem sie über die Beerdigungen berichtet hatte.
Die ukrainische Regierung wirft Moskau seit Monaten vor, den Aufstand der Separatisten im Osten mit Waffen und Soldaten zu unterstützen. Zuletzt meldete Kiew, dass offenbar russische Panzer im Schlepptau eines weiteren Hilfskonvois die Grenze passiert hätten. Nachdem am Montag die zehn russischen Fallschirmjäger etwa 20 Kilometer im Landesinneren aufgegriffen und identifiziert worden waren, sagte das Verteidigungsministerium, die Männer seien "aus Versehen" auf die andere Seite der Grenze geraten.
Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, die Gruppe habe "an der Grenze patrouilliert und sich möglicherweise auf ukrainischem Territorium befunden". Doch seien in der Vergangenheit auch mehrfach ukrainische Soldaten auf der russischen Seite der Grenze gewesen.
Quelle: ntv.de, bwe/AFP