Politik

Der Kriegstag im Überblick Russland bombardiert weiter Städte - G7 versprechen Ukraine noch mehr Hilfe

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Einen Tag nach groß angelegten Raketenangriffen auf ukrainische Städte setzt Russland seine Angriffe fort. Die Luftschläge richten sich vor allem gegen Einrichtungen in der Ukraine zur Stromversorgung. In der Hauptstadt Kiew müssen sich die Menschen auf geplante Blackouts einstellen. Die Länder der G7-Gruppe sprechen nach den Angriffen von Kriegsverbrechen und sagen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einer Videokonferenz weitere Unterstützung zu. Aus Deutschland erhält die Ukraine nach langer Zeit des Wartens das erste moderne Luftabwehrsystem IRIS-T-SLM. Der 230. Kriegstag im Überblick.

Russland verübt weitere Luftschläge

Als Vergeltung für die Bombenexplosion auf der Krim-Brücke hat Russland erneut landesweit Städte in der Ukraine bombardiert. Zu den Zielen soll vor allem die öffentliche Infrastruktur im weit von der Front entfernten Westen gezählt haben. Der Bürgermeister von Lwiw gab an, dass etwa ein Drittel der Stadt nach Luftschlägen am Montag und Dienstag keinen Zugang zur Stromversorgung habe. Landesweit sollen rund 300 ukrainische Ortschaften ohne Strom sein.

Die nahe der Front gelegene Stadt Saporischschja im Süden der Ukraine wurde nach Angaben der ukrainischen Behörden am Dienstag von zwölf Raketen getroffen. Demnach wurde ein Mensch getötet. In Kiew ertönten am Morgen fünf Stunden ununterbrochen die Alarmsirenen. Anders als am Montag schlugen in der ukrainischen Hauptstadt allerdings keine Raketen ein. DTEK, der Stromversorger der Hauptstadt, kündigte infolge des Beschusses allerdings regelmäßige Unterbrechungen der Stromversorgung an. Sie sollen abwechselnd verschiedene Stadtteile betreffen.

Die Bombardierungen waren weniger schwer als die Angriffe von Montag, die landesweit gegen die Energie-, Militär- und Kommunikationsinfrastruktur zielten, aber auch rein zivile Ziele wie eine Universität, einen Spielplatz und Parks trafen. Dabei waren nach den jüngsten Angaben mindestens 19 Menschen getötet und hundert weitere verletzt worden.

G7 will Putin für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft ziehen

Die sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte haben die jüngsten russischen Raketenangriffe auf die Ukraine aufs Schärfste verurteilt und den ukrainischen Streitkräften weitere militärische Unterstützung zugesichert. Nach einer Videokonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erinnerten die Staats- und Regierungschefs der G7 in einer gemeinsamen Erklärung daran, dass "wahllose Angriffe auf unschuldige Zivilisten ein Kriegsverbrechen" darstellten. "Wir werden Präsident Putin und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen", heißt es darin weiter mit Blick auf den Kremlchef.

Lawrow bringt Treffen von Putin und Biden ins Spiel

Die russische Führung ist offen für ein Treffen zwischen Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden. Wenn Washington ein Treffen beim G20-Gipfel anbieten sollte, würde Moskau dies prüfen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow im russischen Staatsfernsehen. Der Kreml wäre seinen Angaben zufolge auch dazu bereit, sich "jegliche Vorschläge zu Friedensgesprächen anzuhören" - beispielsweise unter Vermittlung der Türkei. Er könne jedoch nicht im Voraus sagen, wohin dieser Prozess führen würde, erklärte Lawrow. Anschließend schränkte er weiter ein, dass es bisher keine Vorschläge gegeben habe, mit den USA in Kontakt zu treten.

Russland wirft Ukraine Angriff auf Umspannwerk in Grenzregion vor

Kurz nach den eigenen heftigen Angriffen auf das Nachbarland hat Russland im Gegenzug der Ukraine einen Angriff auf eine russische Stromanlage in Grenznähe vorgeworfen. "Die ukrainischen Streitkräfte haben ein Umspannwerk in Schebekino beschossen", schrieb der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Dienstag in seinem Telegram-Kanal. Von der Stromversorgung abgeschnitten seien daraufhin mehr als 2000 Menschen in der westrussischen Region gewesen. Gladkow veröffentlichte auch ein Foto, das ein großes Feuer und dichten Rauch zeigt. Aus Kiew gab es zunächst keine Reaktion auf den Vorwurf.

Ukraine erhält erste deutsche IRIS-T-Luftabwehr

Die Ukraine hat einem Bericht zufolge das erste deutsche Flugabwehrsystem IRIS-T-SLM erhalten. Die Übergabe sei nahe der polnisch-ukrainischen Grenze erfolgt, berichtet der "Spiegel". Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der Ukraine ursprünglich schon Anfang Juni die Lieferung versprochen. Nach Angaben der Bundesregierung handelt es sich um das modernste Flugabwehrsystem, über das die Bundesrepublik verfügt. Die Bundeswehr selbst nutzt die Waffe noch nicht. Das 140 Millionen Euro teure System besteht aus vier Fahrzeugen - einem Feuerleitgerät und drei Raketenwerfern. Es soll eine mittlere Großstadt vor Angriffen aus der Luft schützen können.

NATO verdoppelt Präsenz in Ost- und Nordsee

Die NATO hat nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg ihre Präsenz in der Ost- und in der Nordsee nach der "Sabotage" an den Nord-Stream-Pipelines verdoppelt. Demnach sind inzwischen mehr als 30 Schiffe der Bündnispartner in den Gewässern im Einsatz. Sie würden aus der Luft und von "Unterwasser-Kapazitäten" unterstützt, sagte Stoltenberg in Brüssel. An den von Russland nach Deutschland führenden Pipelines Nord Stream 1 und 2 waren vor der dänischen Insel Bornholm vier Lecks entdeckt worden. Einem offiziellen dänisch-schwedischen Bericht zufolge wurden die Lecks durch Explosionen mit enormer Sprengkraft verursacht.

Deutschland und Tschechien vereinbaren Panzer-Ringtausch für Ukraine

Der Rüstungskonzern Rheinmetall wird zur Unterstützung der Ukraine 15 Kampf- und Bergepanzer an Tschechien liefern. Wie der Konzern mitteilte, erhält der NATO-Partner Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2A4" sowie den Bergepanzer "Büffel". Tschechien gebe im Zuge des Ringtauschs seinerseits militärische Ausrüstung und Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine ab. Eine entsprechende Vereinbarung sei in Prag mit der deutschen und tschechischen Regierung geschlossen worden, teilte der Konzern mit. Der Gesamtauftragswert soll bei 157 Millionen Euro liegen.

Kiew: Leichen Dutzender Zivilisten in zurückeroberten Städten exhumiert

In zwei von der ukrainischen Armee zurückeroberten Städten in der ostukrainischen Region Donezk sind nach ukrainischen Angaben die Leichen dutzender Zivilisten gefunden worden. "In den befreiten Städten Swjatohirsk und Lyman wurden zahlreiche Massengrabstätten entdeckt", erklärte die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew. In Swjatohirsk seien 34 Leichen und in Lyman 44 Leichen exhumiert worden. Einige der in Swjatohirsk exhumierten Leichen weisen den Angaben zufolge Anzeichen eines "gewaltsamen Todes" auf. Auf einem Friedhof in Lyman wurden laut der Generalstaatsanwaltschaft insgesamt mehr als Hundert Gräber gefunden. Unter den 44 bereits exhumierten Leichen sei auch ein einjähriges Kind, das zusammen mit seiner ganzen Familie begraben worden sei.

Kiew: Mehr als 30 Soldaten nach Gefangenenaustausch wieder frei

Ungeachtet der jüngsten heftigen Angriffe Russlands auf die Ukraine ist zwischen den beiden Ländern Angaben aus Kiew zufolge ein weiterer Gefangenenaustausch zustande gekommen. "Es ist gelungen, 32 unserer Soldaten zu befreien", schrieb der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, auf Facebook. Dazu veröffentlichte er ein Foto, das einige der Männer in einem Bus zeigt. Viele von ihnen hätten bislang als vermisst gegolten. Aus Moskau gab es zunächst keine Informationen zu dem Austausch.

London: Russischer Armee geht Munition aus

Moskau geht nach Einschätzung britischer Geheimdienste im Ukraine-Krieg zunehmend die Munition aus. "Wir wissen, und das wissen auch russische Kommandeure im Krieg, dass ihnen die Ausrüstung und Munition ausgeht", sagte der Direktor des britischen Geheimdienstes GCHQ, Jeremy Fleming, einem vorab veröffentlichten Redemanuskript zufolge, aus dem die BBC zitierte. Der russische Präsident Wladimir Putin mache "Fehleinschätzungen" und "strategische Fehler".

Strack-Zimmermann verlangt Kampfpanzer für Kiew

Vor den Beratungen der G7-Staaten mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj fordert die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine Ausweitung der Waffenlieferungen an Kiew. "Wir müssen die Ukraine in dieser akuten Situation weiter mit militärischem Material unterstützen", sagt Strack-Zimmermann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Für die Kämpfe im Süden des Landes brauche die Ukraine in erster Linie Panzer, fügt sie hinzu. "Der Wunsch der Ukraine liegt vor allem auf dem Kampfpanzer Leopard 2, sie wären aber auch für den Schützenpanzer Marder sehr dankbar", sagt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag.

IAEA-Chef fordert AKW-Schutzzone bei Treffen mit Putin

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat bei einem Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin eine Schutzzone um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. "Wir dürfen keine Zeit verlieren", sagte Grossi nach dem Gespräch in St. Petersburg. Die Lage um das von Russland besetzte AKW sei wegen der häufigen militärischen Angriffe "zunehmend gefährlich, instabil und herausfordernd".

Zur Vermeidung eines Atomunfalls hat Grossi die Einrichtung einer Waffenstillstandszone vorgeschlagen. Eine Demilitarisierung mit Truppenabzügen ist nicht Teil des Plans. Kremlchef Putin sagte zu Beginn des Gesprächs, Russland sei bereit, die "Situation" rund um das AKW Saporischschja zu besprechen. "In jedem Fall sind wir offen für diesen Dialog und froh, Sie zu sehen."

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Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa

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