US-Kriegsschiff in Poti Russland verstärkt Präsenz
07.09.2008, 17:44 UhrNach der Ankunft eines US-Kriegsschiffs in der georgischen Hafenstadt Poti haben die russischen Streitkräfte ihre Militärpräsenz dort deutlich ausgeweitet. Die zwei russischen Kontrollpunkte in der Stadt seien mit weiteren Soldaten verstärkt worden, teilte die Regierung in Tiflis mit.
Georgien fordert seit Wochen den Abzug der Russen. Nun seien sechs weitere russische Panzer eingerollt, sagte ein Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation in Poti. Die "Mount Whitney", das Flaggschiff der US-Marine im Mittelmeer, war am Freitag in Poti vor Anker gegangenen, um nach offiziellen Angaben Hilfsgüter zu liefern.
NATO prüft Schäden
Unterdessen will eine Delegation der NATO am Montag in Georgien Schäden an der militärischen Infrastruktur untersuchen, die während des fünftägigen Krieges im Kaukasus verursacht wurden. Die Delegation werde "morgen hier erwartet", sagte ein europäischer Diplomat.
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer wird seinerseits am 15. und 16. September mit einer Delegation der 26 NATO-Staaten erwartet. Dann sollen mit Georgiens Präsident Michail Saakaschwili Gespräche über eine militärische Unterstützung geführt werden.
Merkel fordert Dialog
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit Blick auf den Kaukasus-Konflikt für die Fortsetzung des Dialogs mit Russland geworben. Die Europäische Union und Russland müssten ehrlich ihre Positionen austauschen, "aber nicht auf Gesprächslosigkeit umschalten", sagte Merkel im Deutschlandfunk. Russlands Reaktion auf den Konflikt in der abtrünnigen georgischen Region Südossetien sei unverhältnismäßig ausgefallen und die Anerkennung von Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten sei "mit dem Völkerrecht nicht vereinbar".
Die EU habe darauf "in der geeigneten Form" reagiert und zugleich deutlich gemacht, dass sie die Kontakte zu Moskau nicht abbrechen wolle, führte die Kanzlerin aus. Von der Einstufung der Auseinandersetzung als Eiszeit oder neuer Kalter Krieg distanzierte sich Merkel. In Südossetien sei vielmehr "ein sogenannter 'eingefrorener Konflikt'" aufgebrochen. Einen Ausschluss Russlands aus den G-8 lehnte die Kanzlerin ab.
Russland vermutet Waffenlieferungen
Der russische Präsident Dmitri Medwedew warf den USA vor, unter dem Deckmantel von Hilfslieferungen neue Waffen an Georgien zu liefern. Russland vermutet, dass sich der georgische Präsident Michail Saakaschwili die von Moskau als unabhängig anerkannten Regionen Abchasien und Südossetien mit Gewalt zurückholen will. Das in die NATO strebende Georgien erhielt in den vergangenen Jahren in großem Umfang Militärhilfe aus dem Westen.
"Wir verstehen hier auch nicht, warum ein so riesiges Kriegsschiff nur 17 Tonnen Hilfsgüter an Bord haben sollte", sagte der Augenzeuge in Poti. Nach georgischen Angaben hat das Schiff 4000 Decken, Saft und Trockenmilch sowie Hygieneartikel geladen. Die "Mount Whitney" ist das dritte US-Kriegsschiff mit Hilfstransporten für Georgien. Um eine mögliche Konfrontation mit der russischen Armee zu vermeiden, hatten die US-Schiffe zuvor die weiter südlich gelegene georgische Hafenstadt Batumi angesteuert.
Quelle: ntv.de