Politik

Vor der Wahl in Russland SMS für Putin

Im Endspurt des Wahlkampfs für das neue Parlament Russlands hat sich der russische Staatsapparat um eine möglichst hohe Stimmabgabe bemüht. Mit Wahlaufrufen per SMS sowie Ermahnungen an Studenten, Betriebsangehörige und Soldaten wird versucht, die Russen für die Dumawahl am Sonntag zu motivieren.

Im Auftrag des Kremls versendeten Mobilfunkanbieter Millionen von SMS, berichtete die Tageszeitung "Kommersant" unter Berufung auf Branchenkreise. "Das größte Problem für die Partei an der Macht ist nicht die Opposition, sondern der Unwille der Bürger zur Stimmabgabe", sagte der Politologe Alexej Makarkin der Tageszeitung "Wedomosti".

Außen Feinde, innen Feinde

Medienwirksam bestätigte Präsident Wladimir Putin derweil die Aussetzung des KSE-Abrüstungsvertrages über Konventionelle Streitkräfte in Europa. Damit setzt er seine Strategie fort, sich als Beschützer eines von außen (Westen) und innen (Opposition, Oligarchen) bedrohten Russlands darzustellen. Der parteilose Putin ist Spitzenkandidat der 2001 gegründeten Kremlpartei Geeintes Russland. Laut Prognosen kann sie mit 50 bis 60 Prozent der Stimmen rechnen.

Experten werten die Dumawahl als Referendum für Putin, dessen zweite und gemäß Verfassung letzte Amtszeit als Staatsoberhaupt im kommenden Frühjahr ausläuft. Zum offiziellen Wahlkampfende protestierten Anhänger der Oppositionsparteien vereinzelt in Moskau gegen den ihrer Meinung nach unfairen Wahlkampf. Das Bündnis Das andere Russland beklagt, dass an Universitäten Studenten bedrängt würden, für die Kremlpartei zu stimmen. Medien berichten, dass auch in Staatsbetrieben und in den Kasernen agitiert werde. Laut Opposition gibt es Ergebnisvorgaben für Wahllokale in der Provinz.

"Keine Bevorteilung der Opposition"

Der stellvertretende Vorsitzende der prowestlichen Jabloko-Partei, Sergej Mitrochin, legte am Freitag Beschwerde bei der Wahlleitung gegen Putin ein. Der Kremlchef habe mit seiner jüngsten Fernsehansprache, in der er um Stimmen für Geeintes Russland warb, sein Amt gesetzeswidrig zu Wahlkampfzwecken missbraucht. Wahlleiter Wladimir Tschurow teilte dagegen mit, eine Expertenkommission habe keine einseitige Bevorteilung einer Partei im Wahlkampf feststellen können.

Ausländische Wahlbeobachter äußerten am Freitag bei einem Treffen mit Wahlleiter Tschurow ihre Besorgnis über Unregelmäßigkeiten im Wahlkampf, wie der Radiosender "Echo Moskwy" berichtete. Tschurow sicherte den europäischen Experten zu, sie dürften sich am Wahltag völlig frei im Land bewegen. Russland hat die Zahl der ausländischen Beobachter im Vergleich zur Wahl 2003 deutlich reduziert.

Opposition muss draußen bleiben

In den letzten Tagen vor der Wahl rätselte die Öffentlichkeit weiter über die Karrierepläne des Kremlchefs. Eine Wahlansprache Putins werteten Beobachter als zusätzlichen Versuch, sich durch einen Triumph bei der Dumawahl ausreichend zu legitimieren, um weiterhin die Geschicke des Landes zu bestimmen - in welcher Funktion auch immer.

Bei der Parlamentswahl am 2. Dezember sind 107 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. Laut Umfragen kann der Kreml wieder mit einer Zweidrittel-Mehrheit in der Duma rechnen. Mit Ausnahme der Kommunisten - die Putin in zentralen Fragen allerdings unterstützen - dürften alle anderen Oppositionsparteien an der neu geschaffenen Sieben-Prozent-Hürde scheitern. Das Oppositionsbündnis Das andere Russland um den früheren Schachweltmeister Garri Kasparow darf gar nicht erst teilnehmen, da das neue Wahlgesetz Bündnisse ausschließt.

Im Fernen Osten Russlands beginnt die Wahl wegen der Zeitverschiebung bereits nach mitteleuropäischer Zeit am Samstagabend um 21.00 Uhr.

Quelle: ntv.de

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