Politik

Kritik an Rentenschutz-Gesetz SPD-Chef rechnet mit Nullrunden

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hält Nullrunden für die Rentner in den kommenden Jahren für möglich. "Dass Olaf Scholz und die Regierung Rentenkürzungen für 2010 und für die Zeit danach ausschließen, ist richtig. Es kann aber sein, dass Nullrunden in den nächsten Jahren nötig werden", sagte er der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Einer Beitragssatzsenkung erteilte Müntefering eine Absage. "Der Beitragssatz kann nach der aktuellen Schätzung in den nächsten Jahren ohne Bundeszuschüsse stabil bleiben. Eine Senkung auf 19,1 Prozent, wie von manchen gefordert, wird es in dem Zeitraum aber nicht geben können."

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch beschlossen, dass die rund 20 Millionen Rentner künftig auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten von Rentenkürzungen verschont bleiben sollen. Sie müssen dies aber später bei einer Besserung der Lage durch Nullrunden oder reduzierte Erhöhungen selbst bezahlen. Bundesarbeitsminister Scholz sagte nach der Entscheidung: "Die Renten werden nicht gekürzt. Darauf kann man sich verlassen." Scholz geht davon aus, dass die Regelung gar nicht in Anspruch genommen werden muss.

"Völlig falsch"

Der Rentenexperte Meinhard Miegel kritisierte diese Schutzklausel. Politisch sei das zwar verständlich, "in der Sache ist es jedoch völlig falsch", sagte er der "Berliner Zeitung". "Denn es bedeutet, dass das ohnehin labile Rentensystem weiter geschwächt wird. Das heißt, die gegenwärtigen Rentner werden gegenüber zukünftigen Rentnern bevorzugt. Sie bekommen eine stärkere Stellung als die Beitragszahler", erläuterte Miegel. Die Rentengarantie sei deshalb "überhaupt nicht zu rechtfertigen".

Kritik kommt auch vom Vorsitzenden des Sozialbeirats der Bundesregierung, Franz Ruland. "Ich bin nicht sehr glücklich darüber", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Es sei "problematisch", dass die Koalition ein Problem lösen wolle, "das es nach ihrer eigenen Darstellung gar nicht gibt". Durch die Nähe zum Wahlkampf werde der gesetzliche Eingriff zusätzlich "desavouiert". Ruland widersprach der Behauptung, die Beitragszahler würden durch dieses Gesetz nicht belastet. Sollte die Klausel greifen, gingen die Mehrkosten zunächst zulasten der Rücklage "und schlagen irgendwann auch auf die Beiträge durch".

Mittelfristig drohten auch den Rentnern magere Zeiten, sagte der Experte voraus: "Schon in den letzten Jahren sind die Renten höher angepasst worden als es der eigentlichen Formel entsprach." Die durch diverse Schutzklauseln unterbliebenen Einschnitte sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nachgeholt werden: "Das führt dazu, dass es auch künftig für mehrere Jahre Nullrunden oder sehr geringe Rentenerhöhungen geben wird."

Steigende Beiträge befürchtet

Der Bund der Steuerzahler äußerte sich ebenfalls kritisch. "Der Beschluss der Bundesregierung ist ein ganz klares Signal für Beitragssteigerungen", sagte sein Geschäftsführer Reiner Holznagel der "Leipziger Volkszeitung". Der bereits diskutierte Beitragsanstieg in der Rentenversicherung auf 21 Prozent sei leider realistisch. "Wer angesichts dieser Fehlentwicklung ernsthaft Beitragsanhebungen ausschließt, der verteilt wider besseren Wissens Beruhigungspillen, die keiner mehr glaubt." Das Thema Rente sei leider ein reines Wahlkampfthema, abseits jeder Sachpolitik. "Wir haben ein Rentensystem, was dringend reformiert werden muss."

Quelle: ntv.de, dpa

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