Politik

"Steuerpolitischer Giftmüll" SPD-Programm unter Beschuss

Die Vorstellung des SPD-Wahlprogramms ist erwartungsgemäß bei allen anderen Parteien auf wenig Gegenliebe gestoßen. Doch die Kritik, insbesondere auch von den kleinen Parteien, ist ungewöhnlich deutlich ausgefallen. Vor allem die Steuerpläne der Sozialdemokraten stoßen auf erheblichen Widerstand - die FDP sieht deshalb keine Grundlage mehr für eine gemeinsame Zusammenarbeit. Und auch die Grünen als Wunschpartner der SPD lassen kein gutes Haar am Programmentwurf.

"Ich glaube, da muss die SPD doch noch einmal kräftig nacharbeiten und nachlegen", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir bei n-tv. Vor allem in der Energie- und Umweltpolitik vermisst der Vorsitzende klare Akzente. Mit dem vorliegenden Entwurf der SPD seien die Klimaschutzziele nicht zu erreichen. Es sei "alles in allem ein Programm, das auf den Wahlkampf getrimmt ist, aber ob man damit vier Jahre Deutschland führen kann, da habe ich doch ein großes Fragezeichen", sagte Özdemir.

Die FDP interpretiere die Pläne der Sozialdemokraten als klare Absage an eine gemeinsame Koalition. "Denn was hier den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt worden ist, ist ja steuerpolitischer Giftmüll in Geschenkpapier verpackt, aber mit Sicherheit nicht das, was die Mitte der Menschen in Deutschland braucht", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bei n-tv. Die sogenannte Neue Mitte interessiere die SPD keinen Pfennig mehr. FDP-Chef Guido Westerwelle schloss in der "Bild"-Zeitung eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen "auf dieser Grundlage" aus.

"Das kostet Arbeitsplätze"

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt zeigte sich in dem Blatt enttäuscht von SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier und dessen Berliner Rede. "Ich bin enttäuscht, dass sich Steinmeier so weit von der Agenda 2010 entfernt, die er selbst mit geschrieben hat. Höhere Steuern und teure Vorruhestandsregelungen führen nicht aus der Krise. Besser wäre es, die Sozialbeiträge nachhaltig zu senken. Damit würde ein wichtiger Beitrag zum Erhalt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen geleistet."

Die Union erneuerte ihre Kritik an den Plänen der Sozialdemokraten. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla bezeichnete den von der SPD geforderten Lohnsteuerbonus, der bei Verzicht auf eine Steuererklärung gezahlt werden soll, angesichts vorgesehener Mehrbelastungen an anderer Stelle als Ablenkungsmanöver. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sagte der "Bild"- Zeitung, die von der SPD geplanten Steueranhebungen beträfen den Mittelstand und damit die Leistungsträger. "Das kostet Arbeitsplätze."

Absage an Linksbündnis

Steinmeier und Parteichef Franz Müntefering hatten am Sonntag vor mehr als 2000 Anhängern im Tempodrom in Berlin den Entwurf des SPD-Programms für die Bundestagswahl am 27. September präsentiert. Im Text schließt die SPD zudem für die gesamte nächste Wahlperiode bis 2013 ein Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene aus, ebenso ein Tolerierungsmodell.

In ihrem Programmentwurf will die SPD mit Entlastungen für Bezieher geringer und mittlerer Einkommen punkten. Spitzenverdiener will sie stärker zur Kasse bitten - um mehr Geld in Bildung und Familien zu investieren. Zu zentralen Punkten gehören die Senkung des Eingangssteuersatzes von 14 auf 10 Prozent und Änderungen im Steuertarif. Zugleich soll der höchste Steuersatz - Spitzensteuersatz plus Reichensteuer - von 45 auf 47 Prozent steigen und bei Ledigen bereits ab 125.000 Euro Einkommen greifen, bei Verheirateten ab 250.000. Eine Börsenumsatzsteuer soll kurzfristige Spekulationen eindämmen.

Als Wunsch-Koalitionspartner nennt die SPD die Grünen. "Falls eine Dreier-Koalition notwendig wird, halten wir eine Ampelkoalition mit der FDP für geeignet", heißt es im Wahlprogramm. Eine Neuauflage der großen Koalition mit der Union soll es nur geben, wenn keine andere Konstellation möglich ist.

Steinmeier beanspruchte für sich demonstrativ das Amt des Regierungschefs. Wer für Deutschland gute Politik machen wolle, müsse regieren. "Das will ich. Und das als Bundeskanzler", sagte der Außenminister bei der ersten großen SPD-Wahlkampfveranstaltung. Harte Kritik übte Steinmeier an den Managern als Verantwortlichen für die Wirtschaftskrise. Die "Jagd nach Maximalrenditen" in den Chefetagen sei Anlass für eine Korrektur und einen "Neustart der sozialen Marktwirtschaft". Ein drittes Konjunkturpaket lehnte er ab.

Quelle: ntv.de

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