Politik

Mindestlohn durch die Hintertür SPD-Versuch im Bundesrat

Der Dauerstreit der Koalition zum Mindestlohn hat die Länderkammer erreicht. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Vorsitzende Kurt Beck stellte den Entwurf im Bundesrat vor. Auch die SPD-geführten Länder Berlin und Bremen präsentierten Initiativen für gesetzliche Mindestlöhne. Über die Mindestlohnforderung wird jetzt in den Ausschüssen des Bundesrats beraten. Angesichts der Unionsmehrheit ist es unwahrscheinlich, dass die Vorstöße jemals den Bundestag erreichen werden. Für die Union bekräftigte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller den Widerstand von CDU und CSU gegen Mindestlöhne. Der Bundesrat wird sich am 12. Oktober wieder mit dem Thema befassen.

Beck nannte einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einen "Ansatz, der im besten Sinne eine Ausgestaltung der Sozialen Marktwirtschaft ist". Der SPD-Chef forderte: "Wer Vollzeit arbeitet, muss von seinem Lohn leben können." Die Notwendigkeit eines Mindestlohns ergebe sich schon allein aus der Zahl von rund 500.000 Vollzeitbeschäftigten, die ergänzend zu ihrem Lohn Arbeitslosengeld II erhielten. Neben Zypern sei Deutschland der einzige EU-Mitgliedstaat, in dem der Niedriglohnsektor weder durch Gesetz noch durch umfassend geltende Tarifverträge geregelt werde.

Im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz, das die Ermittlung von Mindestlöhnen einer Kommission übertragen will und keine Zahlen nennt, forderte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, einen Stundenlohn vom mindestens 7,50 Euro. Es gehe um ein Grundprinzip der deutschen Gesellschaft, sagte Wowereit. Die Menschen müssten von ihrer Arbeit leben können. Das Problem nicht existenzsichernder Löhne berge sozialen Sprengstoff. Nach Wowereits Worten liegen in Berlin die Tariflöhne für Friseure zwischen 4,22 Euro und 6,24 Euro.

Der saarländische Ministerpräsident Müller meinte dagegen, durch Mindestlöhne könnten Unternehmen in die Insolvenz getrieben werden. Darüber hinaus brauche ein verheirateter Vater von zwei Kindern statt 7,50 Euro mindestens 9,30 Euro pro Stunde, um mehr Geld zur Verfügung zu haben als ein Hartz-IV-Empfänger. "Es wird das Ziel unterhaltssichernder Einkommen nicht erreicht, und gleichzeitig werden Arbeitsplätze gefährdet", kritisierte der CDU-Politiker. Müller hatte überraschend das Wort ergriffen. Nach ursprünglicher Planung wollten die unionsregierten Länder nicht auf die SPD-Anträge reagieren.

Vor der Sitzung der Länderkammer hatte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) dem Mindestlohnvorstoß Becks eine Absage erteilt. Beck solle sich an die Koalitionsvereinbarung halten und keine darüber hinausgehenden Anträge stellen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte, auch in der SPD gebe es zum Mindestlohn keine einheitliche Linie. "Ich glaube, dass die SPD viel zu viel Hoffnung auf den Mindestlohn setzt." Die Lohnfindung sei Sache der Tarifparteien.

Quelle: ntv.de

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