Kein Totschlag, sondern Mord SPD dringt auf lebenslange Haft bei Femiziden
07.03.2023, 13:29 Uhr
Gewalt gegen Frauen ist immer wieder Thema landesweiter Proteste.
(Foto: picture alliance/dpa)
Wer eine Frau wegen ihres "Frauseins" tötet, macht sich in Deutschland bislang oft lediglich wegen Totschlags schuldig. Diesen "frauenfeindlichen und diskriminierenden Grundsatz" will die SPD ändern: Femizide sollten künftig als Mord eingestuft und mit lebenslanger Haft bestraft werden.
SPD-Rechtspolitiker aus Bund und Ländern fordern eine härtere Bestrafung von tödlicher Gewalt gegen Frauen. Wird eine Frau getötet, weil sie eine Frau ist, müsse dies künftig als Femizid anerkannt und regelmäßig als Mord aus niedrigen Beweggründen bestraft werden, heißt es in einer Erklärung, die die SPD-Rechtspolitiker bei einem Treffen in Stuttgart kurz vor dem Weltfrauentag am 8. März verabschiedeten.
"Geschlechtsspezifische Motive müssen klar benannt werden und bei der Strafzumessung von Gesetzes wegen strafschärfend berücksichtigt werden", heißt es in dem Papier. Diese Taten richteten sich gegen die Selbstbestimmung von Frauen und seien geprägt von patriarchalem Besitzdenken, betonte die stellvertretende rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Carmen Wegge. "Das ist frauenfeindlich, diskriminierend und verletzt den Grundsatz der Geschlechtergleichheit."
Keine beschönigenden Begriffe mehr
Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau Opfer eines Tötungsdeliktes. Vor Gericht werden solche Taten häufig lediglich als Totschlag gewertet. Diesen "frauenfeindlichen und diskriminierenden Grundsatz" will die SPD ändern: Femizide sollten künftig als Mord eingestuft und mit lebenslanger Haft bestraft werden.
Die Zahl von Gewalttaten von Männern gegenüber ihren Partnerinnen oder Ex-Partnerinnen sei leider weiterhin erschreckend hoch. Nach Erhebungen des Bundeskriminalamtes kommt es deutschlandweit etwa an jedem dritten Tag zu einem solchen Tötungsdelikt - 2015 waren es etwa 135, 2020 dann 139 Fälle. Lange wurde in solchen Fällen oft beschönigend von einem "Beziehungsdrama" oder einer "Familientragödie" gesprochen.
Wenn Männer in Trennungssituationen ihre frühere Partnerin töteten, wurde das bisher vor Gericht oft lediglich als Totschlag und nicht als Mord gewertet. Die aufgewühlte emotionale Situation des Täters wurde als strafmildernd betrachtet, sein patriarchales Besitzdenken, das der Frau kein Leben ohne ihn zugestand, dagegen nicht als strafverschärfend.
"Strukturelles Problem"
Der rechtspolitische Sprecher der baden-württembergischen SPD-Landtagsfraktion, Boris Weirauch, bezeichnete Gewalt gegen Frauen in Deutschland als ein "strukturelles Problem". "Ein Femizid ist ein Femizid und darf nicht als "Ehrenmord" oder "Eifersuchtsdrama" verharmlost werden."
In einem Gesetzentwurf der Ampelregierung heißt es unter anderem, dass "geschlechtsspezifische" Tatmotive als weitere Beispiele für menschenverachtende Beweggründe und Ziele in die Liste der bei der Strafzumessung besonders zu berücksichtigenden Umstände aufgenommen werden sollen. Von Femizid als Mord ist in dem Entwurf allerdings nicht die Rede. Es handle sich um eine politische Forderung der SPD-Rechtspolitiker, sagte Weirauch.
Weitere Forderungen
Auch wollen die Sozialdemokraten sogenannte Gehsteigbelästigungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen verbieten. Vor Beratungsstellen, aber auch vor Krankenhäusern oder ärztlichen Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche vornähmen, komme es verstärkt zu Aktionen von Abtreibungsgegnern, heißt es in dem Papier. "Dies geschieht zum Beispiel durch sogenannte Mahnwachen, durch gezielte Ansprache oder Beschimpfung der schwangeren Frauen." Diese Gehsteigbelästigungen stigmatisierten Ratsuchende, setzten sie massivem psychischem Druck aus und behinderten den freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.
Außerdem fordern die SPD-Rechtspolitiker in der Erklärung ein gerichtliches Verfahren, um anonyme Social-Media-Accounts zügig sperren zu können und Frauen besser vor digitaler Gewalt zu schützen. Gewalt gegen Frauen müsse zudem in familienrechtlichen Verfahren stärker berücksichtigt werden, etwa bei Sorge- und Umgangsverfahren. "Das elterliche Umgangsrecht darf nicht die Sicherheit eines Elternteils oder des Kindes gefährden." Darüber hinaus verlangen die Sozialdemokraten mehr Prävention und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern.
Quelle: ntv.de, lno/dpa