Politik

Nicht-Mitglieder dürfen mitbestimmen SPD will Vorwahlen einführen

Die SPD will die versprochene Öffnung der Partei vorantreiben. Generalsekretärin Nahles kündigt an, dass künftig die Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten in Vorwahlen auch von Nicht-Mitgliedern gewählt werden soll. Die SPD-Basis dürfe zudem über wichtige Themen entscheiden.

Auf neuen Wegen: Nahles will die SPD attraktiver machen.

Auf neuen Wegen: Nahles will die SPD attraktiver machen.

(Foto: dpa)

Die SPD-Spitze will in bedeutsamen Personalfragen alle Bürger mitentscheiden lassen. Der Kanzlerkandidat sowie die Bewerber für Landratsposten, aber auch Bundestags- und Landtagsabgeordnete sollten künftig in der Regel in Urwahlen bestimmt werden, die auch für Nicht-Mitglieder offen seien, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles der "Süddeutschen Zeitung". Kritik an dem Vorschlag äußerten die Jusos.

Die Wahlen für Parteiämter, etwa die der Vorsitzenden, sollen nach Angaben von Nahles allerdings auch künftig nur Mitgliedern vorbehalten bleiben. "Wir wollen die Beteiligung von Nicht-Mitgliedern, aber sie muss Grenzen haben", sagte die SPD-Generalsekretärin zu den von ihr erarbeiteten Vorschlägen für eine Parteireform. Um Manipulationen zu verhindern, sollen sich zudem Nicht-Mitglieder bei Wahlen registrieren lassen, persönlich abstimmen und sich auch an den Kosten der Abstimmung beteiligen.

Abstimmung über Sachfragen

Nahles kündigte aber auch weitere Neuerungen an: So wolle die SPD-Führung den Wunsch der Basis erfüllen, auch über Sachentscheidungen abzustimmen. Vorstellbar sei etwa ein Votum über die Frage, ob die Mitglieder einer kostenlosen Kinderbetreuung oder Kindergelderhöhungen den Vorzug gäben. Das könne die Parteiarbeit beflügeln. "Wir wollen uns nicht nur programmatisch, sondern auch organisatorisch erneuern. Wir wollen die Fenster aufmachen, eine Partei sein, in der Mitarbeit Spaß macht", sagte sie.

Mit der Reform will die SPD-Spitze den Mitgliederschwund stoppen und auf die veränderte Parteienlandschaft und die Lebensgewohnheiten der Menschen reagieren. "Die Lage hat sich seit den Zeiten Willy Brandts geändert. Die Volkspartei SPD hat Konkurrenz bekommen, durch zwei andere Parteien im linken Lager, aber auch durch Umwelt- und andere Verbände", sagte Nahles. 1976 hatte die SPD noch 1.022.191 Mitglieder, Ende Dezember 2010 waren es nur noch 502.063. Die Vorschläge zur Partei-Reform sollen bald dem Bundesvorstand zugehen. Ein Beschluss ist demnach für den Bundesparteitag im Dezember geplant.

Kritik von den Jusos

Bis zu einer endgültigen Entscheidung auf dem Parteitag im Dezember in Berlin wird jedoch noch mit heftigen Debatten gerechnet. Bei vielen Mandatsträgern formiert sich schon Widerstand. So will die hessische SPD den Vorstoß nicht mittragen. Dies sei "der falsche Weg", sagte Generalsekretär Michael Roth dem Berliner "Tagesspiegel". Der Kieler Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels warnte in der "taz" vor einer Entwertung der Parteimitgliedschaft. "Ich bezweifle, dass das mit einer Direktwahl des Kanzlerkandidaten funktionieren kann", erklärte der Juso-Bundesvorsitzende Sascha Vogt in der "Leipziger Volkszeitung". Nahles, die die Vorschläge erarbeitet hat, zeigte sich kampfbereit: Sie habe "die Rüstung schon angelegt".

Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Peter Altmaier, wies darauf hin, dass die SPD die bislang letzte Bundestagswahl, bei der sie ihren Kandidaten per Mitgliederentscheid ermittelt hatte, verloren habe. Damals war Rudolf Scharping 1994 gegen Helmut Kohl angetreten, nachdem er sich parteiintern unter anderem gegen den späteren SPD-Kanzler Gerhard Schröder durchgesetzt hatte. Weiter sagte Altmaier, wenn die SPD tatsächlich alle Wähler über ihren Kandidaten entscheiden lassen wolle, müsse sich die CDU "natürlich überlegen, welche Empfehlung wir unseren Wählern geben sollten". Auch er selbst würde sich dann an einer solchen Befragung "gern beteiligen".

Nach der SPD-Satzung ist jetzt schon eine Mitgliederbefragung über den Parteivorsitzenden möglich. Davon wurde bislang nur einmal Gebrauch gemacht. 1993 setzte sich Rudolf Scharping gegen Gerhard Schröder und Heidi Wieczorek-Zeul bei der Entscheidung über die Nachfolge des zurückgetretenen Björn Engholm durch.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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