Politik

Tote bei Demonstrationen im Jemen Saleh sagt Rücktritt ab

Erst hieß es, Jemens Präsident Saleh werde innerhalb von 30 Tagen zurücktreten - und im Gegenzug Immunität erhalten. Nun verkündet der langjährige Machthaber, er könne nur durch Wahlen oder ein Referendum abgelöst werden. Die Demonstranten wollen nun weiter auf die Straße gehen. Sie trauen auch der Opposition nicht mehr.

Die Proteste gegen Saleh gehen - wie hier in Sanaa - unvermindert weiter.

Die Proteste gegen Saleh gehen - wie hier in Sanaa - unvermindert weiter.

(Foto: dpa)

Der Präsident des Jemen, Ali Abdullah Saleh, will nur nach Wahlen abtreten. Dem britischen Sender BBC sagte er, eine Machtübergabe könne nur nach Wahlen erfolgen. An den Urnen werde sein Nachfolger bestimmt. Nach Regierungsangaben hatte der Präsident zuvor einen Kompromissvorschlag der arabischen Golfstaaten akzeptiert, der seinen Rücktritt binnen 30 Tagen vorsieht. Die Macht soll dann der Vizepräsident übernehmen. Derweil demonstrierten erneut hunderttausende Menschen gegen den Präsidenten.

Saleh nannte die monatelangen Proteste gegen seine 32 Jahre dauernde Herrschaft einen "Coup". Die Macht könne nur durch Wahlen oder Referenden übergeben werden. Dazu würden internationale Beobachter eingeladen. Er sei weiter der Verfassung verpflichtet. "Wir werden kein konstruktives Chaos akzeptieren." Saleh sagte weiter, islamistische Extremisten hätten die Protestbewegung infiltriert und Teile der abtrünnigen Armee unterwandert. In diesem Zusammenhang nannte er das Terrornetzwerk Al-Kaida.

Demonstrationen gehen weiter

Der Präsident könnte jeden Augenblick seine Meinung ändern, sagen manche Demonstranten.

Der Präsident könnte jeden Augenblick seine Meinung ändern, sagen manche Demonstranten.

(Foto: dpa)

Salehs Annahme des Plans des Golfkooperationsrates war von vielen als Finte und Hinhaltetaktik angesehen worden, mit der er bis zur Wahl 2013 an der Macht bleiben wolle. Der Vorschlag hätte den Präsidenten und seiner Familie sowie seinen Getreuen im Gegenzug für einen Rücktritt Straffreiheit zugestanden. Dieser Teil des Abkommens war von Gegnern Salehs als inakzeptabel zurückgewiesen worden. Die US-Regierung begrüßte in einer ersten Reaktion die Entwicklung. Das Abkommen müsse nun schnell umgesetzt werden, erklärte das Präsidialamt in Washington.

Die Demonstranten kündigten derweil an, ihre Proteste bis zu einem Abtritt Salehs fortzusetzen. Im Gegensatz zur parlamentarischen Opposition, die durch das Gemeinsame Forum vertreten wird, hatte die Vertretung der Protestbewegung den Plan des Golf-Kooperationsrats abgelehnt. Das Gemeinsame Forum spreche nur für sich, erklärten die Vertreter der Jugendlichen und Studenten, die die Proteste anführen. Sie lehnen insbesondere ab, dass Saleh Immunität erhält, und fordern, ihn vor Gericht zu bringen. "Wir machen weiter", sagte Mohammed Sultan in der Hauptstadt Sanaa. "Diese Initiative hat nichts mit uns zu tun."

Auch in Taiz wird demonstriert - Soldaten transportieren Regierungsgegner ab.

Auch in Taiz wird demonstriert - Soldaten transportieren Regierungsgegner ab.

(Foto: REUTERS)

"Kein Nachlassen, solange der Schlächter nicht gerichtet ist", rief die Menge auch im südjemenitischen Taes. Augenzeugen zufolge rissen sie Porträts des Staatschefs an Behörden und zentralen Plätzen nieder. Teilnehmern zufolge setzten Sicherheitskräfte und Soldaten scharfe Munition und Tränengas gegen die Demonstranten ein. Drei Menschen seien durch Schüsse verletzt worden. Auch in der Stadt Ibb südlich der Hauptstadt Sanaa kam es zu Zusammenstößen, bei denen nach Angaben von Ärzten ein Demonstrant von Sicherheitskräften erschossen und rund 30 weitere verletzt wurden. In El Baidah südöstlich von Sanaa schossen nach Angaben eines Augenzeugen bewaffnete Regierungsanhänger auf einen Sitzprotest von Regierungsgegnern und töteten einen der Demonstranten.

Massive Herausforderungen

Im Jemen demonstrieren Oppositionelle seit drei Monaten gegen Saleh und fordern einen sofortigen Rücktritt des Präsidenten, der das verarmte Land seit über drei Jahrzehnten regiert. Der Staat mit 23 Millionen Einwohnern steht vor massiven Herausforderungen wie einem schnellen Bevölkerungswachstum, einem Rückgang der Ölförderung und einer Wasserkrise.

Saleh hatte zwar schon signalisiert, auf sein Amt verzichten zu wollen. Er wollte die Macht aber nur in "sichere Hände" legen, schränkte er ein. Er warf der Opposition vor, den Jemen in einen Bürgerkrieg stürzen zu wollen. Dem werde er sich widersetzen. Bei den Protesten sind bislang über 120 Menschen ums Leben gekommen.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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