Weißrussische Opposition Sannikow muss fünf Jahre in Haft
14.05.2011, 17:25 Uhr
Die fünf Oppositionskandidaten der Präsidentschaftswahlen: Alexander Mikhalevich, Wladimir Nekljajew, Vitali Rymaschewski, Andrei Sannikow and Nikolai Statkevich (von links).
(Foto: REUTERS)
Wegen der Proteste nach der Präsidentschaftswahl im Dezember ist der weißrussische Oppositionelle Andrej Sannikow zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht in Minsk befand ihn schuldig, "massive Unruhen" geschürt zu haben, um gegen die Wiederwahl des langjährigen Staatschefs Alexander Lukaschenko zu protestieren. Drei Mitangeklagte Sannikows wurden zu je drei Jahren Haft verurteilt, ein vierter erhielt dreieinhalb Jahre. Sannikow muss die Haft in einem Straflager verbüßen. Die Ankläger hatten am Freitag sieben Jahre Haft für den 57-Jährigen gefordert. Sannikow rief nach der Urteilsverkündung: "Kümmert Euch um meine Nächsten!" Sein Schwiegervater rief ihm zu, er solle unbesorgt sein. Zuhörer riefen "Freiheit" und "Schande über die Regierung".
Sannikow war bei der Wahl, die der seit 16 Jahren autoritär regierende Lukaschenko laut offiziellem Ergebnis mit großer Mehrheit gewann, selbst angetreten. Wegen seiner Teilnahme an einer abendlichen Großkundgebung gegen die mutmaßliche Manipulation der Abstimmung wurde er festgenommen und später angeklagt. Sannikow hatte die Vorwürfe gegen ihn als "absurd" und "erfunden" zurückgewiesen. Dem Gericht warf er einen politisch motivierten Rachefeldzug vor. "Ich will all jene warnen, welche das Gesetz missachten, dass Ihr eines Tages selbst die Angeklagten sein und bestraft werdet." Er wolle sich weiter mit "friedlichen Mitteln" für einen politischen Wandel einsetzen. Sannikow hatte unter Lukaschenko als Vize-Außenminister gedient, war jedoch 1996 aus Protest gegen seine Politik zurückgetreten. Anschließend hatte er die oppositionelle Bewegung und Nachrichtenseite Charter 97 gegründet.
Schauprozess in "Europas letzter Diktatur"
Auch Sannikows Ehefrau, die Journalistin Irina Chalip, und mehrere weitere Oppositionskandidaten wurden wegen ihrer Teilnahme an der regierungskritischen Demonstration vor Gericht gestellt. Kommentatoren sprechen von einem politischen Schauprozess in "Europas letzter Diktatur".
Die Bundesregierung hat Lukaschenko am Freitag vorgeworfen, Oppositionelle als politische Gefangene festzuhalten. Ihren Angaben zufolge sind in den vergangenen Tagen auch die weiteren Gegenkandidaten Lukaschenkos wegen der Organisation von Massenunruhen angeklagt worden. Seit einem Bombenanschlag in der Hauptstadt Minsk vor einem Monat hat Lukaschenko sein Vorgehen gegen die Opposition verschärft.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts