Wegen der Roma nach Rom Sarkozy für die Wähler beim Papst
07.10.2010, 14:15 UhrEr ist Ehrenkanoniker, hat es sich aber doch mit den Katholiken verdorben. Frankreichs Präsident Sarkozy ist wegen der Roma- Ausweisungen bei ihnen in die Kritik geraten. Nun schaut er deswegen beim Papst vorbei.

Papst Benedict XVI (l) und Frankreichs Staatschefs Nicolas Sarkozy während eines Treffens im Elysee Palast in Paris (Archivfoto vom 12.09.2010).
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Bei seiner letzten Papstaudienz tippte der damals frisch verliebte Staatschef SMS-Kurznachrichten auf seinem Handy. Diesmal dürfte Nicolas Sarkozy sich mehr Mühe geben, einen guten Eindruck im Vatikan zu hinterlassen. Vor allem bei den französischen Katholiken, die immerhin 15 Prozent der Wählerschaft bei der Präsidentenkür 2012 ausmachen. Bei ihnen hat Sarkozy nicht zuletzt mit den massenhaften Roma-Ausweisungen Sympathien verspielt.
"Es ist nicht sicher, ob ein Besuch beim Papst ausreicht, um diese wiederzugewinnen", zweifelt Meinungsforscher Jérôme Fourquet vom Ifop-Institut. Und Rom dürfte dem Besuch aus Paris an diesem Freitag mit Genugtuung entgegensehen - er unterstreicht den politischen Einfluss der "Soft-Power" Vatikan. Denn ein simples päpstliches Wort hat zu dem Treffen zwischen Benedikt XVI. und Sarkozy geführt.
Vatikanisch-diplomatische Kritik an Frankreich

Breite Empörung: Auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding wirft Paris vor, europäisches Recht zu verletzen.
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Der Papst erinnerte am 22. August im sonntäglichen Angelusgebet von Castel Gandolfo daran, dass die Katholiken verpflichtet seien, "Menschen aller Nationen und aller Sprachen aufzunehmen". Joseph Ratzinger lud einmal mehr zu einer "universellen Brüderlichkeit" ein. Dass er dies auf Französisch tat, war allerdings kein Zufall. Es war, vatikanisch-diplomatisch etwas verpackt, Kritik an der französischen Politik - auch wenn der Élysée anschließend verbreitete, der Papst habe dies wohl nicht so gemeint.
Schon zuvor hatten zahlreiche führende Katholiken Sarkozy vorgeworfen, die Minderheit der Roma zu stigmatisieren, unter ihnen der Pariser Kardinal André Vingt-Trois und der langjährige päpstliche "Migrationsbeauftragte" Agostino Marchetto. "Das ist diskriminierende Politik", empörte sich Giancarlo Perego von der Migrantenstiftung der italienischen Bischofskonferenz über das Vorgehen gegen die Roma. Er meinte den von Silvio Berlusconi regierten Stiefelstaat gleich mit.
Sarkozy musste fix reagieren. In Rekordzeit schaffte er es, einen Termin für eine Papstaudienz zu bekommen. Aber sicherlich liegt auch Benedikt daran, dem Vertreter der "ältesten Tochter der Kirche" bei dieser Gelegenheit ins Gewissen zu reden. Immerhin ist bemerkenswert, dass der deutsche Papst nach fünf Jahren im Amt zunehmend deutliche und offene Worte findet - so zum Missbrauchsskandal in seiner Kirche, am letzten Wochenende in Palermo zum Kampf gegen die Mafia - und für die Rechte von Einwanderern. Die katholische Kirche gehört sowieso zu den schärfsten Kritikern des harten italienischen Vorgehens gegen Fremde.
Vom Ehrentitel zum Bußegang
Es ist bereits das dritte Mal, dass sich der deutsche Papst und der katholische, aber sehr selten praktizierende französische Staatschef treffen. Bei Sarkozys erstem Besuch im Vatikan im Dezember 2007 war er zum Ehrenkanoniker der Lateranbasilika ernannt worden - was weniger mit seiner Person zu tun hatte als mit einer Tradition aus dem 17. Jahrhundert. Damals wurde dieser Ehrentitel den französischen Königen verliehen, heute den Präsidenten. Bei seiner Vatikan-Premiere brachte Sarkozy mit seiner Rede über die christlichen Wurzeln Frankreichs und einen "positiven Laizismus" viele Franzosen in Rage, die großen Wert auf die Trennung von Staat und Kirche legen.
Beim zweiten Treffen war Sarkozy der Gastgeber: Benedikt legte auf dem Weg zum französischen Marienwallfahrtsort Lourdes in den Pyrenäen einen Zwischenstopp in Paris ein. Sarkozy betonte damals, wie wichtig ihm der Dialog mit den Religionen sei - mehr als ein Jahrhundert nach der 1905 vereinbaren Trennung von Staat und Kirche in Frankreich.
Es war nicht neu, dass er mit klaren Gesten die katholischen Wähler umwirbt: Während seines Präsidentschaftswahlkampfs 2007 besuchte er den Pilgerort Mont-Saint-Michel und sprach salbungsvoll über Spiritualität. Und zur Vorbereitung der Papstaudienz jetzt stattete er erst der romanischen Basilika von Vézelay einen "rein privaten" Besuch ab und schaute sich dann den Film "Des dieux et des hommes" über den Mord an französischen Mönchen in Algerien an.
Nun muss der zum dritten Mal verheiratete Staatschef im Vatikan "bella figura" machen, wenn der Papst ihn im Apostolischen Palast empfängt. Dazu würde die ihm jetzt angetraute italienisch-französische Sängerin Carla Bruni wohl kaum passen - zum Leidwesen römischer Paparazzi.
Quelle: ntv.de, Ulrike Koltermann und Hanns-Jochen Kaffsack, dpa