Politik

"Überparteiliches Kabinett" Sarkozy geht in Klausur

Nach seinem triumphalen Wahlsieg will sich der künftige französische Präsident Nicolas Sarkozy an einem geheim gehaltenen Ort auf sein Amt vorbereiten und seine Regierungsmannschaft zusammenstellen. Der 52-Jährige wolle sich "einige Tage ausruhen" und sich innerlich auf sein neues Amt einstellen, erklärte Sarkozys Wahlkampfmanager Claude Guant. Die Amtsübernahme ist für den 16. Mai geplant.

Sarkozys Berater Franois Fillon kündigte eine parteiübergreifende Regierung an. Angeblich sollen dem Kabinett Vertreter des Zentrums und Persönlichkeiten aus dem linken Lager angehören. Fillon selbst gilt als Favorit für das Amt des Premierministers. Im Gespräch sind auch Sozialminister Jean-Louis Borloo sowie Verteidigungsministerin Michle Alliot-Marie.

Erste Reisen nach Brüssel und Berlin

Der neue Präsident will ein auf 15 Minister begrenztes Kabinett, das drei bis vier Tage nach der Amtsübernahme zusammengestellt sein solle, erläuterte Guant. Die Staatssekretäre würden erst nach den Parlamentswahlen im Juni ernannt.

Fillon sagte, Sarkozy werde seine ersten Auslandsreisen als Präsident nach Brüssel und Berlin unternehmen. Nach Angaben aus Berlin wird Sarkozy in der zweiten Mai-Hälfte in der deutschen Hauptstadt erwartet.

Streit im Angesicht der nächsten Wahl

Die deutliche Wahlniederlage der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Sgolne Royal stürzt die Oppositionspartei derweil in eine Krise. "Es hat die wirkliche ideologische Erneuerung gefehlt, wie sie Sarkozys Partei UMP geleistet hat", sagte Wahlkampfmanager Jean-Louis Bianco.

Der frühere Ministerpräsident Laurent Fabius sagte, Royal habe einen leidenschaftlichen Wahlkampf geführt, aber aus Fehlern müsse gelernt werden. "Das Ziel war, den Elyse zu erobern. Es war nicht, nach Solferino zu marschieren", sagte er dem Radiosender RTL. Solferino ist der Sitz der Parteizentrale der Sozialisten.

Parteichef Franois Hollande, Lebenspartner Royals, wandte sich angesichts der Kritik "gegen eine Abrechnung in der Partei" vor der Parlamentswahl. Er werde keine persönlichen Abrechnungen dulden. Hollande war bereits vor der Wahl von den verschiedenen Lagern innerhalb der Sozialisten kritisiert worden.

"Eine Rolle" für Royal

Der frühere Finanzminister Dominique Strauss-Kahn sagte, Royal werde im Wahlkampf für die Parlamentswahl am 10. und 17. Juni sicherlich eine Rolle übernehmen. Seine Äußerungen blieben aber vage. "Sgolne Royal hat offensichtlich ihren Platz. Die Zukunft wird uns zeigen, welcher das ist." Strauss-Kahn vermied zudem direkte Kritik an Parteichef Hollande, sprach sich aber auch nicht für ihn aus.

Fabius und Strauss-Kahn waren ebenfalls für die Sozialisten ins Rennen um die Kandidatur für das Präsidentenamt gegangen. Royal hatte aber gewonnen, vor allem weil man ihr als einzige damals einen Sieg gegen Sarkozy zugetraut hatte. Viele ihrer Parteigenossen haben sich aber bis heute nicht voll hinter Royal gestellt und halten ihre Politik für zu vage und zum Teil "unsozialistisch". Strauss-Kahn steht eher für eine zur Mitte orientierte moderne Linke, während Fabius für ein Festhalten an den Wurzeln der Partei plädiert. Fabius ist auch führender Gegner der EU-Verfassung, die die Franzosen 2005 in einem Referendum ablehnten.

Krawalle in Frankreich

In der Nacht kam es in mehreren französischen Städten zu Ausschreitungen, es gab 270 Festnahmen. Auf dem Pariser Bastille-Platz und am Gare de Lyon lieferten sich mehrere hundert Autonome eine Straßenschlacht mit Sicherheitskräften, die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Die Demonstranten bewarfen die Beamten mit Pflastersteinen. Den Angaben zufolge wurden 33 Beamte leicht verletzt, 46 Personen wurden festgenommen.

Landesweit gingen nach Angaben des Innenministeriums etwa 10.000 Sarkozy-Gegner auf die Straßen. Zusammenstöße mit der Polizei gab es auch in Lyon, Toulouse, Rennes und Nantes. In den Pariser Vorstädten gab es 88 Festnahmen, weitere 136 in anderen Städten. Insgesamt gingen 367 Fahrzeuge in Flammen auf. Die Polizei wies darauf hin, dass dies auf dem Niveau eines 14. Juli liege, des Nationalfeiertags.

Merkel freut sich über Wahlausgang

Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte am Montagmorgen mit Sarkozy und gratulierte ihm zu seinem "großartigen Wahlsieg". Merkel sagte: "Wir haben darüber gesprochen, dass wir die deutsch-französische Zusammenarbeit weiterführen werden, intensivieren werden".

Merkel sagte, beide hätten sich auf eine engere deutsch-französische Kooperation verständigt. Ganz oben auf der deutsch-französischen Agenda steht der EU-Verfassungsprozess, der auch wegen eines ablehnenden Volksentscheids in Frankreich ins Stocken geraten ist. Sarkozy plädiert für eine abgespeckte Version des bisherigen Entwurfs.

Sarkozy hatte am Sonntag in der Stichwahl 53,06 Prozent erreicht. Fünf Wochen vor der Parlamentswahl sorgt die Niederlage im Lager der größten Oppositionspartei PS für massive Unruhe. Royal kam auf 46,94 Prozent der Stimmen, bei einer Wahlbeteiligung von 83,97 Prozent. Es war die dritte linke Niederlage in Folge bei einer Präsidentenwahl.

Quelle: ntv.de

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