"Linker Frühling" an der Seine Sarkozys UMP geschwächt
10.03.2008, 12:17 UhrNach dem Vormarsch der Linken bei der französischen Kommunalwahl mobilisiert das Regierungsbündnis von Präsident Nicolas Sarkozy für die Stichwahl am kommenden Sonntag, um die Verluste zu begrenzen. Im ersten Wahlgang hatten die Sozialisten der Rechten mehrere Städte wie Rouen, Laval und Rodez abgenommen und sich eine gute Basis verschafft, neben den schon 2001 eroberten Metropolen Paris und Lyon Sarkozys UMP auch in Straßburg, Toulouse und anderen Großstädten zu verdrängen. Die UMP gewann keine bedeutende Stadt hinzu.
Sarkozy will nun bei Reisen in die Provinz die Themen Sicherheit und Einwanderung aufgreifen, mit denen er stets punkten konnte. Die Wahlergebnisse seien "ausgewogener als angekündigt", sagte Premierminister Franois Fillon. Medien und Meinungsforscher sahen dagegen einen "linken Frühling". Die Sozialisten warfen der Regierung "Autismus und Taubheit" vor, weil sie nicht auf die "Warnung der Wähler" höre. Ex-Präsidentschaftskandidatin Sgolne Royal sprach von einer "Abstrafung der Machthaber".
Nach einer Wahlnachfrage des Instituts Ipsos nutzten 29 Prozent der Wähler die Gemeindewahl, um Sarkozy für seinen Politikstil abzustrafen. Umgekehrt votierten 16 Prozent, um den Präsidenten zu stützen. Sarkozy hatte zuvor versichert, er werde seinen Kurs fortsetzen, aber die politische Bedeutung der Wahl beachten. Dies wurde als Zeichen für größere Kompromissbereitschaft gewertet. Einen Sieger Sarkozy gab es in Neuilly bei Paris: Dort wurde der 21-jährige Präsidentensohn Jean Sarkozy im ersten Wahlgang in den Rat des Dpartements Hauts-de-Seine gewählt.
Die neue Zentrumspartei MoDem konnte sich am Sonntag vielerorts als vom Bürgerblock unabhängiges "Zünglein an der Waage" etablieren. In Lyon und Dijon sorgte die MoDem für einen Sieg der Linken. In Bordeaux verhalf sie dem konservativen Altpremier Alain Jupp, der das UMP-Zeichen von seinen Plakaten gestrichen hatte, zu einem unerwartet klaren Sieg. In Paris kann Bürgermeister Bertrand Delano dank der Mitte-Partei mit seiner Wiederwahl rechnen.
Die Sozialisten (PS) zerstritten sich über die Bündnisfrage zur Stichwahl. Royal rief ihre Partei auf, "überall" mit der MoDem zu paktieren. Parteichef Franois Hollande wies dies aber umgehend zurück. Royal, Hollande, Delano und andere PS-Funktionäre nutzen die Kommunalwahl, um sich als Oppositionsführer zu profilieren. MoDem-Chef Franois Bayrou, der in Pau mit 32,61 Prozent in die Stichwahl kam, gab keine Wahlempfehlung ab.
Die Kommunisten konnten sich in ihren regionalen Hochburgen wie Courneuve bei Paris behaupten und verdrängten in Dieppe die Konservativen aus dem Rathaus. Gleichzeitig sammelte die trotzkistische Revolutionäre Kommunistische Liga LCR Punkte. Die rechtsradikale Nationale Front bremste den Aderlass in Richtung der UMP. Marine Le Pen, die jüngste von drei Töchtern des Parteichefs Jean-Marie Le Pen, kam in Henin-Beaumont bei Calais mit 30 Prozent in die Stichwahl und stärkte damit ihre Basis im Kampf um die Parteispitze.
Quelle: ntv.de