Politik

Konsequenzen aus Daten-Skandal Schärfere Gesetze - vielleicht

Nach der Häufung von Fällen illegal gehandelter Kundendaten wächst in der großen Koalition die Bereitschaft zu schärferen Gesetzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries plädierte dafür, Änderungen beim Datenschutz "sehr ernsthaft zu prüfen". Daten sollten nur dann weitergegeben werden dürfen, wenn eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen vorliege. Für eine solche Gesetzesänderung sprach sich auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach im rbb aus. Dies wäre eine Umkehr der bisherigen Regelung, die die Datenweitergabe nur dann verbietet, wenn ein ausdrücklicher Widerspruch vorliegt.

Zypries schlug ferner vor, in Fällen einer Datenweitergabe die Abschöpfung unrechtmäßig erworbener Gewinne zu ermöglichen. Zudem könnten Unternehmen verpflichtet werden, ihre Kunden und die Öffentlichkeit über Unregelmäßigkeiten zu informieren. Nach der Sommerpause wird sich voraussichtlich auch der Innenausschuss des Bundestags mit möglichen Konsequenzen beschäftigen. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy kündigte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ein Krisentreffen an, um Vorschläge für ein effektiveres Bundesdatenschutzgesetz zu erarbeiten.

Versäumnisse der Regierung

FDP und Linke warfen dem SPD-Politiker Edathy allerdings vor, das Treffen solle von den Versäumnissen der großen Koalition ablenken. Beim Sammeln und der Weitergabe sensibler Daten eile der Staat seit langem mit schlechtem Beispiel vorneweg, kritisierte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linkspartei. Sie verwies auf die Weitergabe von Fluggastdaten an die USA und die umstrittene Vorratsspeicherung von Telefonverbindungsdaten. Die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mahnte darüber hinaus eine personelle Stärkung der Datenschutzbehörden an, um die Kontrollen zu verbessern.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warf der Politik jahrelange Versäumnisse bei der Regelung des Datenschutzes in Deutschland vor. "Wir predigen seit Jahren, dass es hier Handlungsbedarf gibt aufseiten des Gesetzgebers, aber auch aufseiten der Behörden", sagte Roland Stuhr, Verbands-Experte für Wirtschaftsrecht, dem NDR. "Daten sind schnell erhoben, sind schnell gespeichert, schnell kopiert, und einmal losgetretene Datensätze lassen sich kaum noch aufhalten."

Skandal zieht Kreise

Von dem jüngsten Datenskandal sind nach NDR-Informationen auch Kunden der Norddeutschen Klassenlotterie (NKL) betroffen. In einem Call-Center südlich von Hamburg seien tausende Verbraucher-Angaben von früheren Auftraggebern illegal weiter genutzt worden. Das betroffene Call-Center wollte sich dem Bericht zufolge zu den Vorwürfen nicht äußern. Die Norddeutsche Klassenlotterie erklärte auf NDR-Anfrage, laut Vertrag hätten die Daten keinesfalls weiterverwendet werden dürfen.

Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen waren zuvor in einem Scheingeschäft sechs Millionen Datensätze angeboten worden. Zudem hat sich ein Call-Center in Bremerhaven nach Recherchen des NDR und WDR illegal Zugriff auf Datenbanken der Telekom verschafft und Daten an Dritte weiterverkauft. Der Konzern hat nach Angaben eines Telekom-Sprechers bislang allerdings keine Erkenntnisse über die missbräuchliche Nutzung von Kundendaten.

Datenschutz ins Grundgesetz?

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sprach sich in der "Thüringer Allgemeinen" dafür aus, den Datenschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Dies lehnt der sächsische Justizminister Geert Mackenroth allerdings ab: "Das bläht die Verfassung nur auf und ist auch nicht nötig." Hessens langjähriger Datenschutzbeauftragter Spiros Simitis steht dem Vorschlag ebenfalls skeptisch gegenüber. Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte er: "Das kann nicht schaden, ist aber keine Lösung."

Quelle: ntv.de

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