Politik

"Schauen, wie die Gespräche laufen" Schäuble geht bei Steuern auf SPD zu

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Die Koalitionsverhandlungen drohen zäh zu werden. Weder Grüne noch SPD zeigen sich begeistert von einem Zusammengehen mit der übermächtigen Union. Diese macht dabei Avancen in alle Richtungen - und schließt auch Steuererhöhungen nicht mehr aus.

Schäuble zeigt sich offen für potenzielle Koalitionspartner.

Schäuble zeigt sich offen für potenzielle Koalitionspartner.

(Foto: imago stock&people)

Bei der Suche nach einem neuen Koalitionspartner für CDU-Kanzlerin Angela Merkel zeichnet sich keine rasche Lösung ab. Dabei zeigen sich führende CDU-Politiker durchaus flexibel.

So schließt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht aus, dass höhere Steuern Teil des Regierungsprogramms einer Großen Koalition werden. Auf die Frage, ob er Steuererhöhungen ausschließe, sagte Schäuble der "Zeit": "Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen." Er fügte aber hinzu, er sei "persönlich der Meinung, dass der Staat keine zusätzlichen Einnahmequellen benötigt".

Damit geht Schäuble auf die SPD zu. Diese hatte sich im Wahlkampf für höhere Steuern ausgesprochen, die Union hatte dies bislang abgelehnt. "Wenn die künftigen Partner einer künftigen Regierung mit einem Mindestmaß an Vernunft ausgestattet sind, wird man sich immer einig werden", so der Minister.

Schäuble schloss aber auch eine Koalition mit den Grünen nicht aus. Die Grünen führten eine interne Diskussion, ob sie nicht im Wahlkampf die falschen Akzente gesetzt hätten. "Das Ergebnis muss man abwarten, dann wird man sehen", sagte Schäuble.

"Wenn sie Winfried Kretschmann oder einigen der grünen Oberbürgermeister aus Baden-Württemberg zuhören, dann werden sie bei diesen Leuten eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Kurs der Bundespartei feststellen - vor allem mit Blick auf die Steuerpolitik", stellte Schäuble fest. Wenn sich dieses Lager durchsetze, sei eine Koalition eine realistische Option.

Laschet sieht Schnittmengen mit Grünen

Auch CDU-Vize Armin Laschet kann sich eine Koalition mit den Grünen vorstellen. Im Rückzug Jürgen Trittins vom Grünen-Fraktionsvorsitz sieht Laschet ein positives Signal für mögliche Koalitionsgespräche. "Wenn die Grünen für die Zukunft personell und politisch neue Schwerpunkte setzen, erleichtert das Gespräche", sagte er der "Welt".

Er unterstrich seine Forderung, nicht allein auf die Große Koalition zu setzen und ein schwarz-grünes Bündnis nicht auszuschließen. "Ich empfehle schon, sich nicht nur auf einen potenziellen Partner festzulegen." Laschet wies auf Schnittmengen mit den Grünen hin.

"Natürlich werden wir in allen Themen kompromissbereit sein müssen. Sonst kriegen wir keine Koalition hin", sagte Laschet, der CDU-Chef von Nordrhein-Westfalen ist. Dies gelte auch in puncto Steuerpolitik: "Man weiß in der Tat nicht, was aus den Koalitionsverhandlungen herauskommt."

Der CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Peter Hauk, sieht ebenfalls Chancen für Schwarz-Grün. "Ich glaube, es gibt eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit den Grünen", sagte er.

Seehofer will nicht mit den Grünen

CSU-Chef Horst Seehofer dagegen zeigte sich erneut skeptisch gegenüber einer Koalition mit den Grünen. Er verwies in der "Leipziger Volkszeitung" auf die Rolle des Bundesrates bei der Gesetzgebung - CDU/CSU und Grüne hätten gemeinsam in der Länderkammer "keine einzige Stimme zusammen".  Seehofer nannte eine Koalition von Union und SPD dagegen eine "Frage der Logik".

CDU-Bundesvorstandsmitglied Elmar Brok sieht für Schwarz-Rot keine unüberwindbaren Hindernisse. Der "Neuen Westfälischen" sagte er, auch ein gesetzlicher Mindestlohn wäre wohl kein Problem. Der nordrhein-westfälische CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann - auch Chef der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) - sprach sich in der "Rheinischen Post" ebenfalls für Schwarz-Rot aus.

Angst vor der übermächtigen Union

Bei den jeweiligen potenziellen Partnern der Union herrscht dagegen große Skepsis. Weil sie große eigene Nachteile fürchten, wächst bei SPD und Grünen die Angst vor einer Regierungszusammenarbeit mit einer fast übermächtigen Union. Vertreter beider bisheriger Oppositionsparteien empfahlen der jeweils anderen Seite eine Zusammenarbeit mit CDU/CSU

Grünen-Chef Cem Özdemir ging von der Bildung einer Großen Koalition aus. "Vorgezogene Neuwahlen sehe ich nicht als wahrscheinlich an." Konzessionen der Union gegenüber den Grünen müssten "viel, viel größer sein" als gegenüber der SPD.

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt lehnt eine Koalition mit der Union ab. Ein solches Bündnis wäre mit Blick auf die Programmatik der Grünen im Wahlkampf zum einen "unglaubwürdig", sagte Göring-Eckardt im Deutschlandfunk. Zum anderen wäre es "nicht hilfreich, wenn es um die Stabilität einer Regierung geht", fügte sie hinzu. Rechnerische Mehrheiten seien keine politischen Mehrheiten.

Damit steht sie im Widerspruch zu dem grünen Europa-Abgeordneten Werner Schulz. Dieser verlangte im "Tagesspiegel", dass die Grünen in Hessen als auch im Bund "mit aller Ernsthaftigkeit und größter Mühe" über schwarz-grüne Bündnisse verhandelten.

SPD-Linke für Rot-Rot-Grün

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, sprach sich dagegen für Schwarz-Grün aus. "Ich glaube, dass jetzt die Grünen dran sind", sagte er in der ARD. Im Sinne der Demokratie gehe das gar nicht anders: Andernfalls gäbe es 80 Prozent Regierung und nur 20 Prozent Opposition im Bundestag.

Die Sprecherin des linken SPD-Flügels, Hilde Mattheis, sagte der "Leipziger Volkszeitung", die SPD könne in einer Großen Koalition am wenigsten durchsetzen. Denkbare Alternativen seien neben einer Neuwahl eine schwarz-grüne Koalition oder eine Minderheitsregierung. Auch eine rot-rot-grüne Koalition wäre "für mich kein Wortbruch".

Nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" aus führenden Parteikreisen will die SPD für eine Koalitionsbildung bis Mitte November keinerlei Entscheidung oder Vorentscheidung treffen. Die Parteispitze habe sich darauf verständigt, bis dahin "alles offen zu halten, ohne aber in Schockstarre zu verfallen".

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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