Politik

Milliarden sprudeln in die Kassen Schäuble plant doch Steuersenkungen

3i8d4009.jpg5415730014233770837.jpg

(Foto: dpa)

Finanzminister Schäuble legt Pläne vor, die Steuerzahler um Milliarden Euro entlasten könnten. SPD-Chef Gabriel spricht sich für die Beseitigung der kalten Progression aus. Das sehen aber einige in der SPD anders.

Kalte Progression

Steigen die Einkommen von Arbeitnehmern, müssen sie das zusätzliche Gehalt unter Umständen mit einem höheren Prozentsatz versteuern als das bisherige Gehalt. Ab dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent für Jahreseinkommen ab knapp 53.000 Euro steigt der Steuersatz mit zusätzlichem Einkommen nicht weiter an (einzige Ausnahme ist die "Reichensteuer"). Diese sogenannte Progression im Steuertarif soll dafür sorgen, dass auf stärkeren Schultern mehr lastet als auf schwächeren.

Gleichen Gehaltserhöhungen jedoch lediglich die Inflation aus, steigt dadurch die Steuerbelastung, obwohl die Kaufkraft gleich bleibt. Diese wachsende Steuerbelastung nennt man Kalte Progression.

Die Große Koalition will die Steuerzahler noch in dieser Legislaturperiode von den Folgen der kalten Progression entlasten. Dies berichtet der "Spiegel". Demnach sollen 2016 die Sätze in der Einkommensteuer um zwei Prozent sinken und die Steuerzahler so um rund drei Milliarden Euro entlastet werden. Entsprechende Planungen des Bundesfinanzministeriums habe Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) kürzlich den Koalitionären vorgetragen. Bislang hatte die Union gezögert, entsprechende Überlegungen zu konkretisieren.

Auf diese Weise will der Staat dem Bericht zufolge zumindest Teile jener zusätzlichen Steuereinnahmen an die Bürger zurückgeben, die er nur der Inflation verdankt. Die kalte Progression bezeichnet das Phänomen, dass ein Arbeitnehmer bei einer Gehaltserhöhung mehr Steuern zahlen muss, die Inflation aber gleichzeitig einen Teil des Lohnanstiegs entwertet. Das real verfügbare Einkommen kann durch den Effekt sogar sinken. Die neue Debatte über einen Abbau der kalten Progression war durch die rekordverdächtigen Steuereinnahmen im März angefacht worden.

40 Milliarden Euro mehr bis 2018

Der Arbeitskreis Steuerschätzungen kommt am Dienstag zu dreitägigen Beratungen zusammen. Schäuble rechnet laut "Spiegel" bis 2018 mit rund 40 Milliarden Euro an Mehreinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden. Das Plus für 2014 liegt demnach bei 2,7 Milliarden Euro, 2015 schon bei sieben Milliarden Euro. In den beiden Folgejahren kommen dem Bericht zufolge jeweils rund neun Milliarden Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen. 2018 erwartet Schäuble demnach etwa elf Milliarden Euro mehr als noch im November geschätzt.

Die SPD streitet derweil über ihren finanzpolitischen Kurs. SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte, Steuererhöhungen dürften "für die SPD nicht zum Selbstzweck werden". "In einer Zeit sehr hoher Steuereinnahmen muss zu den beiden Zielen Konsolidieren und Investieren ein drittes Ziel hinzutreten: die Steuerentlastung der mittleren Einkommen durch die Beseitigung der kalten Progression." Die kalte Progression sei "sozial ungerecht".

Widerspruch bei Sozialdemokraten

Führende Sozialdemokraten stellen sich gegen diesen Kurs: "Ich erwarte von meiner SPD und ihrem Vorsitzenden, dass wir konsequent für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen", sagte der SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer. Dies gehe "nur mit einem hohen Steuerniveau". Baden-Württembergs SPD-Chef Nils Schmid räumte zwar ein, die SPD habe im Koalitionsvertrag Steuererhöhungen ausgeschlossen. Für Steuersenkungen sehe er "im Moment aber auch keine Spielräume", unterstrich der Stuttgarter Wirtschaftsminister. "Die beschlossenen Investitionen können nicht zulasten der Länderhaushalte gehen".

Ökonomen forderten unterdessen in der "Welt am Sonntag" einhellig eine Korrektur der kalten Progression. Diese sei "eine verdeckte Steuererhöhung, durch die der Staat erhebliche Mehreinnahmen erzielt", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Christoph Schmidt. Auch der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, mahnte, die kalte Progression führe dazu, "dass sich der Staat einen immer größeren Prozentsatz der privat erwirtschafteten Einkommen einverleibt". "Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung."

Quelle: ntv.de, rpe/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen