Vorteile für Geimpfte? Schäuble rügt Länder für Vorpreschen
30.04.2021, 08:15 Uhr
Nach dem Piks erhoffen sich viele Geimpfte wieder mehr Normalität.
(Foto: imago images/Fotostand)
Die "Bundes-Notbremse" sorgt gerade für mehr bundesweite Einheitlichkeit der Corona-Maßnahmen. Doch bei den Freiheiten für Geimpfte und Genesene haben einzelne Länder schon wieder eigene Pläne. Das missfällt Bundestagspräsident Schäuble erheblich.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat das Vorpreschen einzelner Bundesländer bei Lockerungen für Geimpfte noch vor einer bundeseinheitlichen Regelung kritisiert. "Jetzt haben wir schon wieder den Zustand, dass sich eine Reihe von Ländern nicht an die Absprachen hält", monierte der CDU-Politiker in der "Augsburger Allgemeinen". Uneinheitliche Lösungen kurz nach dem Beschluss für eine bundeseinheitliche Corona-Notbremse seien irritierend für die Menschen, "ein zu großes Maß an Unterschiedlichkeit kann Vertrauen zerstören", warnte Schäuble. "Wie sollen die Bürger, die durch Corona allmählich ja auch müde und durch immer neue Informationen überflutet werden, das noch verstehen?"
Das Bundesjustizministerium hatte am Donnerstag an die anderen Ressorts einen Verordnungsentwurf geschickt, wonach vollständig Geimpfte und Genesene in der Corona-Krise wieder mehr Freiheiten zurückerhalten sollen. Insbesondere von Auflagen für private Treffen und von nächtlichen Ausgangsbeschränkungen sollen diese Gruppen ausgenommen werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte erklärt, für ein rasches Vorgehen wolle die Regierung Bundestag und Bundesrat früh in Abstimmungen über die Verordnung einbeziehen. "Wenn wir uns einig sind, geht's schnell." Der "späteste" Termin für eine abschließende Entscheidung des Bundesrats sei der 28. Mai, so der CDU-Politiker.
Schäuble sagte, er würde es begrüßen, wenn die Verordnung nicht erst Ende Mai verabschiedet würde. "Die Menschen sind sonst verunsichert, obwohl sie auch sehen, dass es mit dem Impfen viel schneller vorangeht als noch vor einigen Wochen erwartet", unterstrich der CDU-Politiker.
Moralische und juristische Pflicht?
Auch der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, drückt aufs Tempo. "Der Druck auf Restaurants und Hotels, wieder zu öffnen, wird jeden Tag größer. Wir haben daher die moralische und auch juristische Pflicht, die Einschränkung der Freiheitsrechte für Geimpfte und Genesene schrittweise zurückzunehmen. Es wäre gut, wenn das deutlich vor Ende Mai passiert", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung. Die Sicherheitskonzepte der Hotel- und Gastronomiebranche seien umfangreich und gut, betonte er.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich machte in der "Bild" deutlich, an der SPD werde es kommende Woche nicht scheitern, eine Verordnung zu beschließen, durch die Geimpfte und Genesene schnell Freiheitsrechte zurückbekommen. "Endlich gute Zahlen beim Impfen - jetzt dürfen wir nicht zaudern, sondern müssen zügig den Weg ins normale Leben ebnen", mahnte Mützenich.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock betonte, die drastische Einschränkung von Freiheitsrechten müsse immer wieder kritisch überprüft werden. Es sei daher richtig, "dass Geimpfte mit denen gleichgestellt werden, die ein negatives Testergebnis haben", sagte die designierte Kanzlerkandidatin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, forderte in der "Augsburger Allgemeinen" von der Regierung einen Öffnungsfahrplan, um der Wirtschaft einen schnellen Neustart zu ermöglichen. Dazu gehörten auch konkrete Hilfen, "die in vielen Fällen wohl auch noch lange nach der vollständigen Öffnung gewährt werden müssen", sagte Fratzscher. Viele Firmen seien stark verschuldet und müssten sich ausreichend auf den Neustart vorbereiten. Das gelte vor allem für Unternehmen im stationären Einzelhandel, der Gastronomie, der Reise- und der Veranstaltungsbranche.
Quelle: ntv.de, sba/dpa