Tariflösung nicht in Sicht Schlichterstreit vor Schlichtung
21.12.2002, 12:09 UhrIm Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst scheinen sich die Fronten völlig zu verhärten. Noch vor Beginn des Schlichtungsverfahrens kritisierten nun beide Schlichter, der von der Gewerkschaft eingesetzte Hans Koschnick und der von den Arbeitgebern nominierte Hinrich Lehmann-Grube, jeweils die Forderungen der Gegenseite.
Koschnick warf den Arbeitgebern fehlenden Einigungswillen vor. Er sehe kaum Chancen für eine Einigung. Die Ausgangslage sei schwieriger als bei vorangegangen Tarifkonflikten, sagte Koschnick, der bereits dreimal als Schlichter im öffentlichen Dienst tätig war. Zugleich appellierte der ehemalige Bürgermeister von Bremen auch an die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, bei ihren Forderungen einen Spielraum einzuräumen.
Diskussion um Lohnangleichung
Lehmann-Grube, selbst SPD-Politiker und Ex-Oberbürgermeister von Leipzig, stieß eine Diskussion um die von der Gewerkschaft geforderte und der SPD angepeilte Angleichung der Löhne und Gehälter in Ost und West an. Der "Leipziger Volkszeitung" sagte er, er habe das Beharren auf eine schnelle Angleichung stets als kontraproduktiv empfunden.
Der einzige Vorteil Ostdeutschlands sei das niedrigere Lohnniveau, erklärte Lehmann-Grube. Die rot-grüne Bundesregierung mahnte er zu mehr Reformfreudigkeit. "Die deutschen Bürger wollen Veränderungen eigentlich nur in dem Maße, dass es so bleibt, wie es ist. Das reicht aber nicht aus", sagte Lehmann-Grube.
Der Bundesminister für Verkehr und den Aufbau Ost, Manfred Stolpe (SPD), versprach dagegen, dass die Angleichung kommt. Laut der "Welt am Sonntag" forderte er einen Stufenplan zur Anhebung der Löhne und Gehälter im Osten Deutschlands auf das Westniveau bis 2007.
Auch Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sprach sich für eine schrittweise Anhebung der Ost-Tarife aus. Dies sei wichtiger als eine Gehaltssteigerung für alle drei Mio. Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, erklärte er gegenüber der Chemnitzer "Freien Presse". In den alten Ländern sollte zu Gunsten Ostdeutschlands auf Gehaltserhöhungen verzichtet werden, verlangte Vogel.
Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz Kurt Beck (SPD) warnte in der gleichen Zeitung vor einem zu hohen Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst. Lediglich ein Inflationsausgleich für die unteren und mittleren Einkommensgruppen käme in Frage. Für zwei oder mehr Prozent gebe es keinen Spielraum. Die Drei-Prozent-Forderung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nannte Beck "unvorstellbar".
Quelle: ntv.de