Dienstwagen-"Affäre" Schmidt war nicht die Einzige
05.08.2009, 08:01 Uhr
Verkehrsminister Tiefensee war mit seinem Dienstwagen in "Deutschland, Österreich und Italien" unterwegs. Das war, nach allem was bekannt ist, völlig legal.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Neben Gesundheitsministerin Schmidt haben auch andere Mitglieder der Bundesregierung Dienstwagen bei Urlaubsfahrten genutzt. Nicht ganz unwichtig dabei: Die Minister haben ein weitgehendes Nutzungsrecht für ihre Dienstwagen. Für Privatfahrten haben sie "kein Entgelt zu entrichten". Sie müssen lediglich den geldwerten Vorteil versteuern.
Die Nutzung von Dienstwagen im Urlaub durch Minister des Bundeskabinetts sorgt weiter für Wirbel. Mehrere Ministerien wiesen Zeitungsberichte zurück, wonach ihre Ressortchefs das Dienstfahrzeug auch im Urlaub eingesetzt haben sollen. Zwei SPD-Minister erklärten, dass sie solche Fahrten über eine erhöhte Pauschale korrekt abgerechnet hätten.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben acht Bundesminister in den vergangenen 18 Monaten ihren Dienstwagen auch privat "im Zusammenhang mit dem Urlaub" genutzt. Dies gehe aus dem Entwurf der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Alexander Bonde hervor. Namentlich genannt werden darin laut dpa sechs Minister der SPD und zwei der CSU.
Private Nutzung völlig legal

Ulla Schmidt fühlt sich zu Unrecht gescholten: Sie habe sich entsprechend der Richtlinien verhalten.
(Foto: dpa)
In dem Text werde ausdrücklich betont, dass den Ministern die Dienstwagen nach den Richtlinien "zur alleinigen und uneingeschränkten Nutzung" auch privat zur Verfügung stünden. Die Federführung für die Antwort hat das Bundesinnenministerium.
Neben Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) werden in dem Entwurf Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), ihr Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU), Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sowie Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) aufgeführt. "Alle anderen Mitglieder der Bundesregierung haben nach eigenen Angaben keine Dienstkraftfahrzeuge im Zusammenhang mit dem Urlaub in Anspruch genommen", heißt es in dem Papier weiter.
"Deutschland, Österreich und Italien"
Aufgelistet werden neben vollständigen Urlaubsreisen mit dem Dienstwagen auch Fahrten zu den Flughäfen Berlin-Tegel und München in Verbindung mit Urlaub sowie An- und Abfahrten zum Urlaubsort. Bei Scholz heißt es in dem Papier "Italien und Deutschland sowie Fahrten zum Flughafen", bei Aigner "Fahrten in Bayern zum Flughafen München und zurück", bei Seehofer "Deutschland", bei Schmidt "Spanien", bei Tiefensee "Deutschland, Österreich und Italien", bei Gabriel wie bei Wieczorek-Zeul gleichlautend "Deutschland, An- und Abreise, keine Nutzung während des Urlaubs", bei Zypries "Fahrten aus Berlin zum und vom Flughafen Tegel".
Weiter heißt es: "Alle Mitglieder der Bundesregierung haben den durch die private Nutzung des Dienstfahrzeuges entstandenen geldwerten Vorteil entsprechend der gesetzlichen Vorgaben versteuert."
Minister verteidigen sich
Umweltminister Gabriel und Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul betonten, dass sie ihre Dienstwagen nicht im Urlaub benutzt hatten. "Ich habe mich zwei Mal aus dem Dienst an den Urlaubsort fahren lassen und das natürlich auch privat abgerechnet", sagte Gabriel. Der Urlaubsort sei in beiden Fällen in Deutschland gewesen.
Ähnlich äußerte sich ein Sprecher von Wieczorek-Zeul. "Während des Urlaubs benutzt sie den Dienstwagen nie", hob er hervor. Nur zur Hin- und Rückfahrt in den Urlaub in Deutschland sei das Dienstfahrzeug zum Einsatz gekommen, und dies sei auch abgerechnet worden. Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums unterstrich dies auch für Aigner und Seehofer. Sie hätten beide im Urlaub den Dienstwagen nie genutzt, nur Fahrten in den Urlaub beziehungsweise zum Flughafen seien vorgenommen und abgerechnet worden.
Dagegen räumten Sprecher von Arbeitsminister Scholz und Verkehrsminister Tiefensee ein, dass die Minister ihre Dienstwagen auch im Urlaub nutzen. Eine Sprecherin Tiefensees hob aber hervor, der Minister rechne dies über eine Pauschale ab. Damit könne er seinen Dienstwagen "unabhängig vom Zweck der Fahrten nutzen". Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin von Scholz. Der Minister sei mit seinem Dienstwagen auch in Südtirol gewesen, jedoch ohne Fahrer.
Regierung sieht keinen Missbrauch
Vize-Regierungssprecher Klaus Vater verwies erneut darauf, dass die Anwendung der Richtlinie, welche eine Nutzung von Dienstfahrzeugen auch privat erlaubt, in der Verantwortung der jeweiligen Minister liege. Das Kanzleramt habe keinen Überblick. Er könne aus den Antworten der Ministerien aber nicht erkennen, dass irgendwo Missbrauch betrieben worden sei.
Gesundheitsministerin Schmidt war in die Kritik geraten, weil sie ihren Dienstwagen samt Fahrer in ihren etwa 2400 Kilometer entfernten Ferienort an der spanischen Mittelmeerküste bringen ließ. Zur Begründung erklärte das Ministerium, in dem Wagen seien Bürogeräte transportiert worden, außerdem habe Schmidt einen dienstlichen Termin wahrgenommen. Dies überprüft derzeit der Bundesrechnungshof.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa