Politik

Bundesländer sind sich uneins Scholz lehnt vorzeitiges Ende der Corona-Maßnahmen ab

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Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich indirekt gegen ein sofortiges Ende der verbliebenen Maßnahmen aus.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach aktueller Gesetzeslage enden die Regeln zur Eindämmung der Pandemie am 7. April. Die Aussage des Virologen Drosten, die Endemie klopfe nun an die Tür, veranlasst Politiker der Ampel-Koalition zur Diskussion über die Aufhebung staatlicher Vorgaben. Doch der Bundeskanzler bremst.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich indirekt gegen ein sofortiges Ende der verbliebenen Corona-Maßnahmen ausgesprochen. "Der Bundeskanzler ist der Ansicht, dass wir eine gute Vereinbarung getroffen haben und dass wir ja eine Gesetzeslage haben, die es den Bundesländern ermöglicht, sehr flexibel sich an die sich verändernde Lage anzupassen", sagte Vize- Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe deutlich gemacht, dass nach jetzigem Stand über den 7. April hinaus keine Verlängerung der Maßnahmen nötig sein würden. "Insofern ist das die Position des Bundeskanzlers."

Auslöser der Debatte war ein Interview des Berliner Virologen Christian Drosten. Er hatte dem "Tagesspiegel" gesagt, nach seiner Einschätzung gehe die Corona-Pandemie in eine endemische Lage über. Danach forderte unter anderem Bundesjustizminister Marco Buschmann, die im Infektionsschutzgesetz noch bis 7. April vorgesehenen Eindämmungsmaßnahmen per Verordnung abzuschaffen.

Auch in den Ländern sorgt das Thema für Uneinigkeit. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer wies Forderungen nach einer Aufhebung der Maskenpflicht zurück. Die verbliebenen Schutzmaßnahmen "halte ich auch angesichts grassierender Atemwegsinfektionen zurzeit für sinnvoll", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ähnlich äußerte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. Er verwies auf die hohe Belastung der Kliniken. "Deshalb ist jetzt auch der falsche Zeitpunkt für ein Ende der Masken- und Isolationspflicht", sagte Tschentscher der "Zeit".

Gaß will Regeln bis Februar

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sagte hingegen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Es wäre unverhältnismäßig, die aktuellen Regelungen unverändert bis zum Ablauf des 7. April 2023, an dem sie planmäßig außer Kraft treten sollen, fortgelten zu lassen." Die Empfehlung, im ÖPNV freiwillig Schutzmasken zu tragen, sei auch künftig sinnvoll. "Es ist aber an der Zeit, von einer Phase der Pflichten in eine Phase der Empfehlungen und der Eigenverantwortung überzugehen."

Neben Buschmann forderten weitere FDP-Politiker ein Ende der staatlichen Vorgaben. "Wir brauchen im Fernverkehr und in den Krankenhäusern keine staatlich verordneten Maßnahmen mehr wie die Maskenpflicht", sagte Gesundheitsexperte Andrew Ullmann der "Welt". Bundesvize Wolfgang Kubicki sagte der "Rheinischen Post", Lauterbach müsse "einsehen, dass es keine Begründung mehr für Grundrechtseinschränkungen geben kann. Ich erwarte, dass das Infektionsschutzgesetz zügig geändert wird."

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) plädiert dafür, die bestehenden Schutzmaßnahmen noch bis Ende Februar aufrechtzuerhalten. Bis dahin sollte man noch Geduld haben, sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß dem Sender "Welt". "Ich kann nachvollziehen, dass der Minister (Karl Lauterbach) in dieser Gesamtlage davor warnt, jetzt einfach alles aufzugeben von heute auf morgen". Es gebe gute Gründe, weiterhin vorsichtig zu sein. "Deswegen ist unser Appell an die Bevölkerung, die Schutzmaßnahmen mitzutragen auf jeden Fall noch bis Ende Februar, das ist unsere Prognose."

Gaß verwies wie Lauterbach auf eine aktuell "sehr angespannte" Lage in den Krankenhäusern, durch relativ viele Patienten mit Infektionskrankheiten bei gleichzeitig hohen Personalausfällen. Masken schützten auch vor anderen Infektionen, sagte er. Influenza beschäftige die Kliniken momentan am meisten, noch vor Corona und dem RS-Virus bei Kindern und Jugendlichen.

Lauterbach mahnt zur Vorsicht

In der Debatte mahnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstagabend zur Vorsicht. "Jetzt überstürzt alle Maßnahmen fallen zu lassen, würde aus meiner Sicht wenig Sinn machen", sagte er im "heute journal" des ZDF. "Es ist richtig, dass wir jetzt in einen endemischen Zustand übergehen", schloss sich Lauterbach Drosten an. Deutschland sei allerdings derzeit "in einer üblen Situation, die Krankenhäuser sind total voll, das Personal ist überlastet", warnte er. Zudem würden weiter täglich 100 bis 150 Menschen mit oder an Corona sterben. "Somit ist eine sehr schnelle Öffnung hier nicht wirklich sinnvoll."

Würden jetzt alle Maßnahmen enden, "dann würde natürlich die Belastung zunehmen in einer Art und Weise, wie es nicht gut vertretbar wäre", urteilte Lauterbach. "Ob wir bis April daran festhalten, das werden wir sehen", sagte er weiter. Es komme aber "doch jetzt nach drei Jahren Pandemie noch auf ein paar Wochen nicht an, wenn wir jetzt in einer ganz besonders schwierigen Situation sind".

Auf einen Brief von Buschmann bezüglich der Beendigung der Maßnahmen wolle er nicht öffentlich eingehen, sagte Lauterbach in dem Interview weiter. Sprecher des Gesundheits- und des Justizministeriums kündigten in Berlin an, es würden nun Gespräche innerhalb der Regierung geführt. Einen zeitlichen Rahmen dafür nannten sie nicht.

Quelle: ntv.de, lve/rts/dpa

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