Erste rot-rot-grüne Koalition Schreibt Thüringen Geschichte?
30.09.2009, 16:10 UhrDie thüringische SPD entscheidet heute, ob sie Koalitionsverhandlungen mit der CDU oder mit Linkspartei und Grünen aufnimmt. Ein rot-rot-grünes Bündnis wäre bundesweit eine Premiere und könnte ein Zeichen setzen - weshalb die Bundes-SPD vehement dafür eintritt. Allerdings ist noch immer umstritten, wer in einer solchen Koalition Regierungschef werden soll.

Koalition I: SPD-Chef Matschie mit den Spitzenkandidaten der Grünen und Linken, Rothe-Beinlich und Ramelow.
(Foto: dpa)
In Thüringen steht eine Entscheidung über die künftige Regierungskoalition unmittelbar bevor. Die SPD will am Abend nach abschließenden Gesprächen mit der CDU über die Aufnahme von offiziellen Koalitionsverhandlungen entscheiden. Schwarz-Rot oder Rot-Rot-Grün lauten die Optionen der SPD.
Größtes Hindernis für ein linkes Bündnis bleibt der Streit um das Ministerpräsidentenamt. Bei ihrem abschließenden Sondierungsgespräch konnten sich SPD, Linke und Grüne nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Die Linkspartei lehnte das Ultimatum von SPD-Chef Christoph Matschie ab, sich für einen SPD-Kandidaten zu entscheiden. Matschie hatte angeboten, persönlich auf das Amt zu verzichten. Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow sagte, die Führungsfigur müsse von allen drei Partnern getragen werden, und nicht nur "von einem oder zweien mitertragen".
CDU legt sich fest
Die SPD will trotz der offenen Personalfrage entscheiden, ob sie mit Linken und Grünen oder mit der CDU Koalitionsverhandlungen aufnimmt. Zuvor stehen noch Gespräche mit der CDU über Finanz- und Personalfragen an. Klar ist bereits, dass im Falle einer Großen Koalition die CDU-Sozialministerin Christine Lieberknecht Ministerpräsidentin wird. Ihre Fraktion schlug sie außerdem als Parteivorsitzende vor und machte sie damit auch in diesem Amt zur Nachfolgerin des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Dieter Althaus.
Die CDU setzte mit der Nominierung der auch bei der SPD beliebten Lieberknecht als Parteivorsitzende ein weiteres Zeichen in Richtung schwarz-roter Koalition. Die 51-Jährige übernahm auch die CDU-Verhandlungsführung bei dem Sondierungsgespräch mit der SPD.
SPD-Spitzenkandidat Matschie ist seit den hohen Verlusten bei der Bundestagswahl zunehmend unter Druck der Basis und auch Teilen der Bundespartei geraten, die ein klares Signal für Rot-Rot-Grün fordern. Zum Richtungsstreit in der SPD sagte er vor der Sondierung mit der CDU: "Es muss keinen Linksruck geben." Vielmehr müsse sich seine Partei darauf besinnen, für soziale Gerechtigkeit und Ausgleich und gleichzeitig wirtschaftliche Vernunft zu sorgen.
Linkspartei optimistisch
Linkspartei-Spitzenkanditdat Ramelow reagierte verärgert wegen den ungleichen Vorzeichen bei den Sondierungsrunden. Die Linke hatte bei der Landtagswahl 27,4 Prozent der Stimmen erzielt, knapp 4 Punkte weniger als die CDU und 9 Punkte mehr als die SPD. Damit habe die Linke ebenso wie die CDU den Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten. "Wir werden nicht akzeptieren, dass unsere Partei degradiert wird", sagte Ramelow. Mit seinem Verzicht auf das Amt des Regierungschefs habe er ebenso wie Matschie den Weg zu einem Kompromiss freigemacht.
Die Meinungsverschiedenheiten seien aber überwindbar, wenn die parteipolitischen Überlegungen zurückgestellt würden. Damit könne "ein neues Kapitel in der bundesdeutschen Politik aufgeschlagen werden". Der Vorsitzende der Thüringer Linkspartei, Knut Korschewsky, will dem Landesvorstand die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen.
Grüne noch skeptisch
Die Grünen äußerten sich allerdings weiterhin skeptisch zu einem möglichen Dreierbündnis. "Etliche Fragen sind noch offen", sagte Landessprecherin Astrid Rothe-Beinlich. "Unklar sei weiterhin, wie eine grüne Handschrift in dem Bündnis deutlich werden kann." Allerdings habe es bei der Frage nach der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit mit der Linken eine Einigung gegeben. Beide Seiten seien übereingekommen, dass dieses Thema eine wichtige Rolle spielen müsse. Die Grünen wollten sich am Nachmittag im Landesvorstand mit den Ergebnissen der Sondierung befassen.
Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts