Politik

Arrivederci bella Italia! Schröder bleibt in Hannover, basta!

Die deutsch-italienische Urlaubsposse erreicht einen weiteren Höhepunkt: Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich entschieden, auf seinen geplanten Italien-Urlaub zu verzichten. Das erklärte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin. Vorausgegangen waren kritische Äußerungen des italienischen Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani, der die deutschen Urlauber in Italien unter anderem als lärmenden Pöbel bezeichnet hatte.

Schröder wolle seiner Familie nicht länger Spekulationen über die wenige gemeinsame Urlaubszeit zumuten, hieß es in der Erklärung. "Die damit verbundenen Beeinträchtigungen würden die notwendige Erholung und ein ungestörtes Zusammensein in Frage stellen. Die Familie wird ihren Urlaub gemeinsam zu Hause in Hannover verbringen. "

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi reagierte auf die Absage nur mit einem knappen Satz: "Es tut mir Leid für ihn." Der größte staatliche TV-Sender RAI 1 berichtete dagegen, Schröders Entscheidung habe nichts mit den umstrittenen Äußerungen Stefanis zu tun.

Die italienische Mitte-Links-Opposition forderte als Reaktion auf die Absage Schröders den Rücktritt Stefanis. Spitzenvertreter des oppositionellen Ulivo-Bündnisses kündigten an, im Parlament einen entsprechenden Antrag einbringen zu wollen.

Rülpswettbewerbe nach Bier- und Pommes-frites-Gelagen

Stefani hatte in einem Artikel deutsche Touristen unter anderem als "stereotypisierte Blonde mit hypernationalistischem Stolz" geschildert, die "nach Bier- und Pommes-frites-Gelagen Rülpswettbewerbe" ausstießen. Weiterhin schrieb Stefani: "Sie bevölkern im Sommerurlaub lautstark unsere Strände, besoffen vor arroganter Selbstsicherheit."

Stefani schloss eine Entschuldigung für die Beschimpfung deutscher Touristen aus. "Ich werde in keinem Fall um Entschuldigung bitten", sagte er in Rom. Er habe nicht das ganze Volk, sondern nur einen Teil der Deutschen kritisiert, sagte Stefani. Auch Außenminister Franco Frattini habe ihn nicht aufgefordert, sich zu entschuldigen.

Schily und Schulz fordern Rücktritt

Bundesinnenminister Otto Schily hatte sich ebenfalls in die Diskussion eingeschaltet und Stefani für dessen Kritik an den Deutschen heftig angegriffen. Stefani sei für sein Amt "in jeder Weise ungeeignet", und "wenn ich der Regierungschef in Italien wäre, dann wäre dieser Mann nicht mehr im Amt", sagte Schily. Ein "tölpelhafter Staatssekretär" wie Stefani, der "unflätige Bemerkungen macht ", könne aber die traditionellen, tiefen und vertrauensvolle Beziehungen der beiden Länder nicht in Frage stellen, so Schily weiter.

Schily stellte im Gegensatz zum Kanzler seinen geplanten Italien-Urlaub nicht in Frage. Er werde sein Haus in Italien nicht verkaufen, außerdem habe er gute und enge Freunde dort. Er machte aber deutlich, dass er die Worte Stefanis schädlich für den Tourismus in Italien hält. Wenn man sich äußere wie der Tourismus-Staatssekretär, dann müsse man sich darauf einstellen, dass Deutsche nicht nach Italien fahren, sondern nach Spanien nach Frankreich.

Auch der deutsche SPD-Europa-Abgeordnete Martin Schulz forderte den Rücktritt Stefanis. "In jedem anderen Land Europas wäre ein solcher Mann binnen fünf Minuten aus der Regierung geflogen. Dass dies in Rom nicht geschieht, gibt mir sehr zu denken", sagte Schulz der "Süddeutschen Zeitung".

Zugleich mahnte der Parlamentarier aber, im jüngsten Eklat in den deutsch-italienischen Beziehungen einen kühlen Kopf zu bewahren. "Wir können doch nicht ein ganzes Volk bestrafen, nur weil einige Politiker ausflippen ", sagte Schulz, der in der vergangenen Woche vom italienischen Ministerpräsidenten und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Silvio Berlusconi mit einem KZ-Aufseher verglichen wurde. "Millionen Deutsche fahren zu Recht gern nach Italien, Millionen Italiener heißen sie willkommen, und die sind selbst angewidert von Leuten wie Stefani." Er persönlich könne Italien genießen, "obwohl ich weiß, dass die Regierung einen solchen Staatssekretär hat".

Quelle: ntv.de

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