"Kann man besser machen" Schröder gesteht Fehler ein
27.11.2002, 12:29 UhrEigentlich wollte die rot-grüne Koalition die Fehler von 1998 nicht wiederholen und schwungvoll in die zweite Regierungsperiode gehen. Den Koalitionsvertrag peitschte man dann auch in wenigen Wochen durch und feierte die Vertragsunterzeichnen in der Neuen Nationalgalerie der Hauptstadt. Das war wohl etwas vermessen: Die ersten 10 Wochen der zweiten Amtszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) waren alles andere als ein Kunstwerk.
Das sieht inzwischen auch Schröder selbst so: "Wenn steuerliche Vorschläge auf den Tisch kommen, deren wirtschaftliche Konsequenzen nicht hinreichend abgeklopft sind, kann man das besser machen.", sagte Schröder der Wochenzeitung "Die Zeit" in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview: Die Kritik am Entscheidungsfindungsprozess der Regierung sei berechtigt. "Wir hatten lange genug Zeit, uns auf die Neuauflage der Koalitionsverhandlungen vorzubereiten."
Allerdings sei die Kritik teilweise auch sehr aggressiv, monierte der Kanzler. Beispielsweise gegen die Unternehmensteuerreform sei die Union mit "hemmungsloser Demagogie zu Felde gezogen". Die Union verfolge offenbar das Ziel, seine "Integrität zu zerstören".
Die rot-grüne Bundesregierung hatte nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen vor rund zwei Monaten mehrere Eilgesetze auf den Weg gebracht. Die Koalitionspartner hatten sich dabei teils heftige Auseinandersetzungen geliefert, etwa über die Rentenversicherung. Eine neue Steuerregelung wurde vergangene Woche sogar noch in der Kabinettssitzung korrigiert, in der sie anschließend beschlossen wurde, nachdem ein Medienbericht die Auswirkungen der geplanten Maßnahme geschildert hatte.
Schröder will Wahltermine zusammenlegen
Vertreter von SPD und Grünen haben bereits mehrfach Kommunikationsprobleme in der Koalition eingeräumt. Zudem müsse die Außendarstellung besser werden. SPD-Ministerpräsidenten haben von Schröder auch mit Blick auf die Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen im Februar mehr Führungsstärke angemahnt. In der Koalition wird die heftige Kritik der Union an der Regierung als wahlkampfbedingt bezeichnet. Schröder sagte auf die Frage, ob der permanente Wahlkampf durch die verschiedenen Wahltermine in den Bundesländer Blockadewirkung habe, es sei "überlegenswert, die Hälfte der Wahlen in der Mitte der Legislaturperiode und die andere Hälfte zusammen mit der Bundestagswahl abzuhalten". Sinnvoll sei es, die derzeit vierjährige Wahlperiode auf fünf Jahre zu verlängern.
Sozialstaat muss umgebaut werden
Angesichts der leeren öffentlichen Kassen kündigte Schröder in dem "Zeit"-Interview auch einen Umbau der Sozialsysteme an. Dabei werde er eine "härtere Gangart" gegenüber den Lobbygruppen einschlagen, sagte der Kanzler. Jeder, der den Sozialstaat in seiner Substanz erhalten wolle, müsse auch Ansprüche zurücknehmen. Um dies durchzusetzen, werde er sich notfalls mit allen Interessengruppen auf dem Felde der Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik anlegen.
Quelle: ntv.de