Deutsche Vergangenheit Schröder nimmt Fischer und Trittin in Schutz
23.01.2001, 13:03 UhrBundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat Außenminister Joschka Fischer und Umweltminister Jürgen Trittin (beide Grüne) gegen die jüngsten Angriffe in Schutz genommen. "Was menschlich zu sagen war, haben beide gesagt", erklärte der Regierungschef während seiner Reise durch Rheinland-Pfalz in Kusel.
Schröder warf der Opposition vor, eine "Ablenkungsdebatte" zu führen. Diese finde offenbar keine anderen Themen und habe in der Sachpolitik keine eigene Kompetenz. Dies sei kein angemessener Umgang mit Zuständen in Deutschland, sagte der Bundeskanzler.
Schröder selbst hat als Rechtsanwalt Ende der 70er Jahre einen Professor verteidigt, der den so genannten "Buback-Nachruf" demonstrativ veröffentlicht hatte. Das bestätigte der SPD-Politiker gegenüber der Wochenzeitung "Die Zeit".
Trittin wird vorgeworfen, sich nicht von dem anonymen "Nachruf" des "Mescalero" auf den 1977 ermordeten Generalbundesanwalt Siegfried Buback distanziert zu haben. Fischer steht wegen seiner Vergangenheit als Straßenkämpfer in den siebziger Jahren in der Kritik.
Umweltminister gibt Fehler zu
Trittin hatte unterdessen Fehler im Umgang mit dem so genannten "Mescalero"-Brief eingestanden. Als Student habe er in der Auseinandersetzung um den umstrittenen "Nachruf" auf Buback "auf eine vielleicht zu trotzköpfige Art" die Meinungsfreiheit verteidigen wollen.
Im Interview mit dem "Stern" sagte Trittin, dies würde er heute "mit Sicherheit" nicht mehr tun. In dem Brief bekundet ein anonymer Autor seine "klammheimliche Freude" über Bubacks Tod, argumentiert gleichzeitig jedoch gegen Gewalt als politisches Mittel. Trittin sagte, er habe damals nicht sehen wollen, dass "allein die Sprache für die Angehörigen der Opfer unerträglich" gewesen sein musste. "Das war ein schwerer Fehler."
Baum nimmt Fischer in Schutz
Den ebenfalls in die Kritik geratenen Außenminister hat auch der FDP-Politiker Gerhart Baum in Schutz genommen. Baum sagte im Norddeutschen Rundfunk, er habe das Gefühl, es werde "eine verzweifelte Jagd nach Rücktrittsgründen" gegen Fischer unternommen.
"Im Grunde genommen ist doch Fischer ein Beispiel dafür, dass diese Republik eine Integrationskraft hat", sagte Baum.
Die Haltung seiner eigenen Partei halte er für absolut falsch, so Baum. FDP-Chef Wolfgang Gerhardt habe keine liberale Position, wenn einem Menschen, der sich glaubwürdig geändert habe, diese Position nicht abnehme. Union und FDP betrieben eine "Kampagne gegen Liberalität ". Die FDP will wegen Fischers Vergangenheit möglicherweise einen Untersuchungsausschuss im Bundestag beantragen.
CDU verschärft Kritik
Politiker der Unionsparteien verschärften unterdessen ihren Ton im Streit um die Vergangenheit Trittins und Fischers. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte, er glaube ihnen "kein Wort mehr". Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Hans-Peter Repnik erklärte, die "Akte Fischer" sei noch nicht geschlossen. Repnik verlangte von beiden Ministern weitere Erklärungen.
Quelle: ntv.de