Politik

"So ein Scheiß" Schröder spaltet weiter

Vor dem Hintergrund sinkender Umfragewerte für Partei und Parteichef streitet die SPD wieder um ihre programmatische Ausrichtung. Die Positionen sind unverändert dieselben: für und gegen die "Agenda 2010" von Ex-Kanzler und Ex-Parteichef Gerhard Schröder.

Zwischen Schröder und Willy Brandt wollen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück die SPD verorten. Bei Willy Brandt würde die Parteilinke Andrea Nahles sicherlich noch mitmachen. Beim Altkanzler hört der Spaß jedoch auf.

Nahles forderte eine Zwischenbilanz, bevor die SPD ihren Kurs bestimme. Der Reformkurs der "Agenda 2010" dürfe nicht unverändert fortgesetzt werden. "Es wäre besser, wenn die SPD zu einem abwägenden, nüchternen Bilanzieren kommt, als sich in zwei Lager zu spalten - die einen, die alles verteidigen und die anderen, die alles falsch finden."

Steinmeier gegen "demokratischen Sozialismus"

Steinbrück und Steinmeier sollen auf einem Parteitag Ende November zu Stellvertretern von SPD-Chef Kurt Beck gewählt werden. Nahles auch, doch nicht mit ihr haben die beiden Minister ihre Vorstellungen zwischen zwei Buchdeckel gebracht, sondern mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck.

Steinmeier - unter Rot-Grün Kanzleramtschef und bislang ohne jedes Parteiamt - forderte bei der Buchvorstellung gar die Abschaffung des für die SPD-Linken wichtigen Begriffs des demokratischen Sozialismus. Er fände es richtiger, sich zum Ziel der sozialen Demokratie zu bekennen, sagte der Außenminister.

"Keine verlorenen Jahre"

Die sieben rot-grünen Jahre seien "keine verlorene Zeit" gewesen, betonten die drei Autoren. "Diesen Weg müssen wir weitergehen", forderte Steinmeier, der als Außenminister zurzeit der beliebteste Sozialdemokrat ist.

Zur Buchvorstellung kamen demonstrativ auch Vizekanzler Franz Müntefering und der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel. Der sagte, die Partei müsse ihre "Opfer- und Oppositionsrolle" endlich ablegen. Er hält die Reformpolitik Schröders nach wie vor für notwendig und mit den SPD-Grundwerten vereinbar.

SPD-Chef Kurt Beck kam nicht. Er rief die Streithähne zu mehr Geschlossenheit und Disziplin auf. Bei den Führungswahlen auf dem Hamburger Parteitag im Oktober dürfe es nicht "zu kleinlichen Abrechnungen" kommen, warnte Beck.

Nerven liegen blank

Eine Attacke des Parteichefs offenbarte Einblicke in den Umgangston innerhalb der SPD. Er verwahrte sich dagegen, dass wichtige SPD-Politiker hinter den Kulissen immer wieder Zweifel an seinen Führungsfähigkeiten sowie an seiner Eignung zum Kanzlerkandidaten streuen. "So einen Scheiß lasse ich mir nicht mehr bieten", sagte er laut "Berliner Zeitung" vor dem SPD-Parteirat in Berlin.

Beck habe keine Namen genannt, berichtete die Zeitung weiter. Seine Bemerkungen hätten aber erkennbar auf Steinbrück und Müntefering gezielt.

Steinbrück hatte Teilen der SPD vorgeworfen, sich wie Heulsusen zu benehmen. Bezogen auf diesen Begriff habe Beck erklärt: "Ich werde diese Tonlage nicht mehr akzeptieren." Der Vorsitzende habe mehr inhaltliche Geschlossenheit in der Parteispitze verlangt. Es gehe nicht an, dass Einzelne die politische Linie der SPD ständig neu definierten, ohne dass das in Parteigremien abgesprochen sei, habe Beck gesagt. Er sei es, der die Linie vorgebe. Sollten "weitere Querschüsse" kommen, werde er künftig Namen nennen.

Offiziell ist natürlich alles gut

Nach der Sitzung des Parteirats hieß es offiziell lediglich, das Gremium habe Beck den Rücken gestärkt. Becks Führungsstil finde breite Zustimmung in der Partei, sagte der Vorsitzende des Gremiums der SPD-Landes- und Bezirksvorsitzenden, Claus Möller. Er lobte insbesondere die "kooperative und offene Form", mit der Beck die Diskussionen in der SPD leite. Dies sei früher gelegentlich anders gewesen.

Quelle: ntv.de

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