Politik

Koch widerspricht Merkel Schwarz-Gelb streitet um Sparkurs

Der Vize und die Kanzlerin: Westerwelle und Merkel legen etwas andere Schwerpunkte, was die Konsequenzen aus der Haushaltskrise angeht.

Der Vize und die Kanzlerin: Westerwelle und Merkel legen etwas andere Schwerpunkte, was die Konsequenzen aus der Haushaltskrise angeht.

(Foto: REUTERS)

In CDU und schwarz-gelber Koalition ist der Streit um den Sparkurs der Regierung voll entbrannt. Kanzlerin Merkel bügelt Hessens Ministerpräsident ab, der bei der Bildung sparen will. Doch Koch widerspricht und bekommt Unterstützung aus den Ländern. Dort werden auch Steuererhöhungen nicht mehr ausgeschlossen.

Der Streit um den Sparkurs ist voll entbrannt: Deutschland steht angesichts des riesigen Schuldenbergs und sinkender Steuereinnahmen vor harten Einschnitten. Dass sich die Bürger auf einen harten Sparkurs einstellen müssen, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits klar gestellt. Auch Steuererhöhungen werden nicht mehr ausgeschlossen. Nur wen die Einsparungen treffen werden, ist noch offen. Die Diskussion sorgt für zunehmende Spannungen in der schwarz-gelben Regierungskoalition und auch der CDU.

So verschärfte sich die Auseinandersetzung über Ausgabenkürzungen zwischen Kanzlerin Merkel und dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Während die Kanzlerin im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" die Sparvorschläge Kochs im Bildungsbereich noch einmal klar zurückwies, legte der CDU-Vize nach und brachte zudem Steuererhöhungen ins Spiel.

"Rasenmäher-Methode"

Koch beharrte im "Spiegel" darauf, auch in den Bereichen Bildung, Forschung und Kinderbetreuung zu sparen. Das Versprechen, ab 2015 rund 13 Milliarden Euro jährlich für Bildung auszugeben, müsse wegen der Wirtschaftskrise abgeschwächt werden. "So schwer es fällt, wir werden das Ziel für Bildung verschieben müssen."

Bildung kostet: Koch will nicht von seinen Sparvorschlägen lassen.

Bildung kostet: Koch will nicht von seinen Sparvorschlägen lassen.

(Foto: dpa)

Gekürzt werden müsse auch bei Beschäftigungsmaßnahmen für Arbeitslose, Steinkohle-Hilfen, Subventionen für den öffentlichen Nahverkehr. "Wir können Steuererhöhungen nur vermeiden, wenn wir die staatlichen Ausgaben entsprechend den Vorgaben der Schuldenbremse senken." Er sprach sich für eine "differenzierte Rasenmäher-Methode" nach dem Vorbild der Koch-Steinbrück-Liste aus. Koch und der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident und spätere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatten 2003 eine lange Liste zum Subventionsabbau erarbeitet, die nur teilweise umgesetzt wurde. "Ich habe keinen Zweifel, dass man da noch einmal zehn Prozent streichen kann", sagte Koch nun.

Ministerpräsident stützen Koch

Dem "Spiegel" zufolge stehen die meisten Ministerpräsidenten der Union beim Streit um die Bildungsausgaben auf der Linie Kochs. Bei einem vertraulichen Treffen am Rande der Bundesratssitzung Anfang Mai vereinbarten die Länderchefs demnach, dass sie diese Ziele Merkels nicht länger mittragen wollen, hieß es unter Berufung auf Angaben von Teilnehmern.

Bund und Länder hatten sich im vergangenen Jahr auf ein Neuverschuldungsverbot ab dem Jahr 2020 verständigt, lediglich der Bund darf danach in geringem Umfang Kredite aufnehmen. Allerdings gestattet die Regelung Ausnahmen etwa bei Naturkatastrophen wie der Elbeflut 2002 und in "außergewöhnlichen Notsituationen".

"Wir haben immer gesagt: Der Schwerpunkt für Deutschlands Zukunftsfähigkeit liegt bei Bildung und Forschung", bekräftigte Merkel dagegen in der "SZ". Auch bei dem bereits beschlossenen Ausbau der Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren werde es bleiben. "Ich halte nichts davon, diese zentralen Aspekte in Frage zu stellen", sagte die Kanzlerin. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass der Bund bis 2013 seine Ausgaben für Bildung und Forschung um insgesamt zwölf Milliarden Euro erhöht.

Merkel stutzt Hessen zurecht

Merkel will den Haushalt aber ohne Koch aufstellen.

Merkel will den Haushalt aber ohne Koch aufstellen.

(Foto: dpa)

"Es wird natürlich harte Fragen geben, wo wir sparen", sagte Merkel. Am Freitag hatte sie erklärt, auf den Prüfstand müssten etwa die Förderprogramme für Arbeitslose. Auch Subventionen müssten überprüft werden. Mit Blick auf Koch sagte sie: Wenn Prioritäten diskutiert würden, könne jeder in der Partei seine Meinung sagen. "In der Umsetzung ist es dann Aufgabe der Bundesregierung, den Bundeshaushalt aufzustellen."

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte sich verärgert über die Sparvorschläge Kochs. Es ergebe keinen Sinn, wenn jetzt jeder mit einzelnen Vorschlägen in der Sparpolitik komme, sagte der CSU-Chef der "Welt am Sonntag". Der hessische FDP-Chef und stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn kritisierte den Vorstoß Kochs für Kürzungen bei Bildung und Kinderbetreuung ebenfalls. Auch Steuererhöhungen lehnte er ab.

Liberale Sparvorschläge

Was mögliche Einsparpotenziale angeht, hat sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner im "Hamburger Abendblatt" für Einsparungen im Verteidigungsetat ausgesprochen. Rüstungsprojekte wie das Raketensystem Meads seien verzichtbar. Außerdem müssten Subventionen etwa bei der Steinkohle und familienpolitische Leistungen überprüft werden.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Subventionen an Wirtschaft, Kultur und Landwirtschaft gehörten ebenso auf den Prüfstand wie Leistungen für Arbeitslose und Rentner. "Beispielsweise gehört die von der vorherigen Bundesregierung ausgesprochene Rentengarantie, die über die nächsten Jahre hinweg viele Milliarden Euro kosten wird, wieder abgeschafft." Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, warnte im Gegenzug davor, einen Generationenkonflikt anzuheizen.

FDP lässt Steuersenkung nicht los

Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder sehen laut "Spiegel" schwere Mängel bei den Regelungen, mit denen Bund und Länder ihre Verschuldung eindämmen sollen. "Die derzeitige Verschuldungsgrenze wird durch die Nutzung von Umgehungs- und Ausnahmetatbeständen ausgehöhlt", heißt es in einem Arbeitspapier für die Konferenz der Rechnungshofpräsidenten. 2009 hatten sich Bund und Länder faktisch auf ein Neuverschuldungsverbot ab 2020 verständigt, lediglich der Bund darf danach in geringem Umfang Kredite aufnehmen.

Trotz aller Sparankündigungen der Kanzlerin hält FDP-Chef Guido Westerwelle weiterhin grundsätzlich an Steuersenkungen bis zum Jahr 2013 fest. "Die Kanzlerin und ich stimmen überein, dass das Ziel dieser Regierung unbeirrt eine Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen in dieser Legislatur bleibt", sagte er dem "Focus". "Faire Steuern bleiben unser Ziel für diese Regierungsperiode."

Quelle: ntv.de, tis/AFP/dpa

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