Lehren aus 2005 und Hessen Schweigen im Walde
24.12.2008, 07:33 UhrDie im Bundestag vertretenen Parteien wollen ohne feste Koalitionsaussagen in den Wahlkampf 2009 ziehen. Zwar gebe es bei Union, SPD, FDP, Grünen und Linkspartei noch keine formalen Beschlüsse, in Parteikreisen hieß es aber übereinstimmend, es spreche vieles gegen eine strikte Festlegung, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Die Parteien zögen damit die Konsequenzen aus der Bundestagswahl 2005 und der Hessen-Wahl.
"In einem Fünf-Parteien-System sind die Zeiten klarer Koalitionsaussagen vorbei", sagte ein Sprecher der Grünen dem Blatt. Zwar strebe seine Partei ein Bündnis mit der SPD oder aber eine Ampelkoalition mit Sozial- und Freidemokraten an, es mache aber keinen Sinn, sich alle anderen Optionen von vorneherein zu verbauen. "Warum sollten wir uns durch eine Koalitionsaussage einengen - mal abgesehen vom Nein zur Linkspartei", sagte auch der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Peer Steinbrück. Ähnlich zurückhaltend geben sich laut "S.Z." auch die Union und die FDP. Die Linkspartei erklärte, sie werde "mit Inhalten und nicht mit irgendwelchen Konstellationsankündigungen" in den Wahlkampf gehen.
Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, Hendrik Wüst, empfiehlt der Union im Wahlkampf sogar einen Abgrenzungskurs zu ihrem potenziellen Koalitionspartner FDP. "Es tut der CDU nicht gut, sich als FDP mit Kirchgang zu präsentieren - und umgekehrt auch nicht der FDP, die Taschenbuchausgabe der CDU zu werden", sagte Wüst dem "Hamburger Abendblatt".
Lehren aus 2005
Die Union hatte bereits bei der FDP für Irritationen gesorgt, nachdem die "Financial Times Deutschland" aus der CSU-Führung berichtete: "Wir werden nicht als schwarz-gelbe Koalition Wahlkampf machen." Zuvor hatte jedoch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in einem Glückwunschschreiben zum 60-jährigen Bestehen der FDP bekräftigt, die Union strebe für die Zeit nach der Bundestagswahl 2009 ein schwarz-gelbes Bündnis an. Aus diesem Wunsch muss nach Angaben aus Parteikreisen aber nicht notgedrungen eine formelle Koalitionsaussage werden.
Gemeinsame Wahlkampfauftritte der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP, wie es sie 2005 gegeben hatte, sind sogar ausgesprochen unwahrscheinlich: Zum einen will CDU-Chefin Angela Merkel ihre hohen persönlichen Sympathiewerte als Kanzlerin dem Vernehmen nach zunächst dazu nutzen, Punkte für die Union zu sammeln. Darüber hinaus dürfte eine konservativ-liberale Koalition für den neuen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer anders als für seinen Vorgänger Edmund Stoiber keineswegs die einzig erstrebenswerte Option sein. FDP-Chef Guido Westerwelle schließlich will die Tür für ein mögliches Bündnis mit der SPD zumindest einen Spalt breit offen halten. Aus der FDP-Führung verlautete, es gebe mit der Union "bei allen Differenzen die meisten Schnittstellen". Deshalb soll es kurz vor der Wahl auch eine "deutliche Richtungsanzeige" geben. Man werde aber auf keinen Fall mögliche Bündnisse so entschieden ausschließen, "dass man hinterher mit gefesselten Händen dasteht", hieß es.
und Hessen
2005 waren Union und FDP gemeinsam gegen SPD und Grüne angetreten, die Wahl brachte aber keinem der Blöcke die absolute Mehrheit. Vielmehr mussten Union und SPD am Ende eine Große Koalition eingehen. Diese zu bilden wurde durch die Koalitionsaussagen im Wahlkampf zusätzlich erschwert. Die Bürger in Hessen müssen im Januar erneut wählen, weil mehrere SPD-Abgeordnete das Vorhaben der Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti nicht mittragen wollten, entgegen allen Wahlversprechen ein Bündnis mit der Linkspartei einzugehen.
Nach jüngsten Umfragen wäre für die Zeit nach der Wahl sowohl eine schwarz-gelbe als auch eine Ampelkoalition denkbar. Möglicherweise werden CDU, CSU und SPD aber auch gemeinsam weiterregieren müssen. Um auch für diesen Fall gerüstet zu sein, sollen nach Angaben aus allen drei Parteien bei allem Streit im Wahlkampf keine unüberbrückbaren Gräben aufgerissen werden.
Quelle: ntv.de