Gewählt und vereidigt Seehofer am Ziel
27.10.2008, 18:00 UhrVier Wochen nach dem CSU-Debakel bei der Landtagswahl in Bayern hat der Landtag in München den neuen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Seehofer erhielt 104 von 184 abgegebenen Stimmen. Es gab 71 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen. Zwei Stimmen waren ungültig.
Die CSU hat im bayerischen Landtag 92, die FDP 16 Abgeordnete. Seehofer erhielt damit 4 Stimmen weniger als die schwarz-gelbe Koalition Abgeordnete hat. Dem Landtag gehören insgesamt 187 Abgeordnete an.
Seehofer zeigte sich dennoch zufrieden. Das Wahlergebnis sei "absolut okay", sagte er bei n-tv. Man müsse schließlich sehen, "was wir alles hinter uns haben". Insofern sei das Wahlergebnis "eine sehr, sehr gute Basis für die nächsten fünf Jahre". Die neue CSU/FDP-Staatsregierung wird an diesem Donnerstag vereidigt. Es ist die erste Koalitionsregierung in Bayern nach mehr als vier Jahrzehnten absoluter CSU-Mehrheiten.
Seehofer kündigt Fairness an
Bayern hat nun erstmals einen Ministerpräsidenten, der nicht dem Landtag angehört. Die Opposition bezweifelte deswegen Seehofers Legitimation. Dieser sicherte der Opposition einen fairen Umgang zu. "Für die Menschen kommen die besten Entscheidungen zustande, wenn es dieses Wechselspiel von Parlament und Regierung gibt", sagte er nach seiner Vereidigung. Im Vordergrund müsse das "Ringen um die richtige Lösung" stehen.
Als erste Aufgabe muss der 59-Jährige nun das neue Kabinett berufen, einen Nachfolger als Bundeslandwirtschaftsminister aussuchen und einen neuen CSU-Generalsekretär ernennen. Seehofer will sämtliche Entscheidungen erst an diesem Donnerstag in einer Paketlösung bekannt geben. "Die Kunst wird auch darin bestehen, dass das bis Donnerstag bei mir bleibt", scherzte er.
"Gesunde Mischung" gesucht
Im n-tv Interview sagte er, die Personalentscheidungen seien noch nicht gefallen. "Bundesminister, Generalsekretär, bayerisches Kabinett: Es wird die Kunst sein, es auszubalancieren, dass wir auf der einen Seite eine starke Besetzung dieser Positionen bekommen, auf der anderen Seite auch eine gesunde Mischung vom Alter her, vom Geschlecht her, von den Landesteilen Bayerns her."
Am Montagmorgen hatte er von Bundespräsident Horst Köhler in Berlin die Entlassungsurkunde als Bundeslandwirtschaftsminister erhalten. An der Zeremonie im Schloss Bellevue nahm auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil.
Koalitionsvertrag kurz vorher unterzeichnet
Kurz vor der Abstimmung hatten CSU und FDP noch offiziell ihr Regierungsbündnis besiegelt. Seehofer, die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie die Landtags-Fraktionschefs Georg Schmid (CSU) und Martin Zeil (FDP) unterzeichneten den Koalitionsvertrag. Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem "neuen Aufbruch für eine neue Ära". "Bayern wird künftig etwas liberaler sein", sagte sie.
Die Landtagsopposition kritisierte die Machtkämpfe in der CSU scharf und hielt den Christsozialen Doppelmoral vor. Seehofer habe bei der Landtagswahl am 28. September gar nicht zur Wahl gestanden, sagte SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget. Seehofers Wahl zum Regierungschef sei "legal, aber nicht hinreichend legitimiert". Maget erinnerte die Christsozialen daran, dass Seehofer CSU-intern noch vor einem Jahr als "Spieler" und "Heckenschütze" abqualifiziert worden war.
Knoblauchzehen am Maximilianeum
Grünen-Fraktionschef Sepp Daxenberger nannte Seehofer ein Wetterfähnchen. Er wechsele seine Meinungen wie die Unterwäsche. Die CSU-Landtagsfraktion sei Seehofer noch vor kurzem feindselig gegenüber gestanden. "Früher habt Ihr die Knoblauchzehen aus dem Maximilianeum gehängt, wenn Horst Seehofer auch nur in der Nähe war", sagte Daxenberger. Auch Freie Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger attackierte die CSU: "Immer wenn der Ministerpräsident nicht so funktioniert hat wie er sollte, ist er durch die Dachluke entsorgt worden."
Am Wochenende hatte die CSU Seehofer auf einem Sonderparteitag in München mit einem Ergebnis von 90,3 Prozent zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt.
Quelle: ntv.de